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#„Wir holen diese Wahl“

„Wir holen diese Wahl“

Die Stimmung ist prächtig auf dem Heumarkt. Einige tausend Kölner sind gekommen, um den Wahlkampfabschluss von Olaf Scholz zu sehen. Auch zahlreiche führende Genossen sind angereist. Lange bevor der Kanzlerkandidat erscheint, sind die Parteivorsitzende Saskia Esken, Arbeitsminister Hubertus Heil, Umweltministerin Svenja Schulze, der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich und Gesundheitsfachmann Karl Lauterbach bestens gelaunt ins Gespräche vertieft. Passend spielt eine Band den Song „We are family“ dazu.

Schon lange haben Sozialdemokraten quer durch die Republik keine so unbeschwerte Kampagne mehr erlebt wie diese. Mussten sich Genossen in den Jahren nach den Hartz-Reformen an den Ständen regelmäßig von Passanten beschimpfen lassen, berichten sozialdemokratische Wahlkämpfer nun von interessierten, zugewandten Bürgern. Aber „das Größte und Überraschendste in diesem Wahlkampf“ räumt Generalsekretär Lars Klingbeil wenig später in einer ersten Talkrunde mit Esken und ihrem Ko-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans auf dem Kölner Heumarkt ein: „Wir sind eine geschlossene Partei. Wir stehen alle hinter Olaf.“

Scholz führt in die neoliberale Pampa?

Eigentlich hatte Olaf Scholz, der Kanzlerkandidat der SPD, nie eine Chance. Zumindest bei CDU und CSU waren sich darin alle einig. Drei gestandene Sozialdemokraten waren 2009, 2013 und 2017 an Kanzlerin Merkel und an ihrer eigenen notorisch zerstrittenen Partei gescheitert. Zwei von ihnen – Peer Steinbrück und Martin Schulz – konnten in ihren jeweiligen Wahlkämpfen zuletzt tun was sie wollten, sie waren auf die Rolle des Losers oder Wahlkampf-Clowns festgelegt. Als die Genossen als allererste Partei schon im vergangenen Jahr den kurz zuvor bei der Vorsitzendenwahl gegen die politischen Leichtgewichte Esken und Walter-Borjans durchgefallenen Scholz auf den Schild hoben, ernteten Kabarettisten allein schon mit dem Satz „Die SPD hat einen Kanzlerkandidaten“ die ersten sicheren Lacher. Auch Klingbeil erinnert sich in Köln kurz daran, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass sich manche gefragt hätten, warum die SPD diesmal überhaupt einen Kanzlerkandidaten aufstellt hat.

Damals krebste die SPD maximal um 17 Prozent herum. Mit dem drögen Finanzminister Scholz, dem Verteidiger der ungeliebten Hartz-Politik und dem Ko-Architekten der nicht minder ungeliebten abermaligen großen Koalition, da waren sich selbst viele Genossen sicher, würde man im Wahlkampf kaum Funken schlagen können. War Scholz im Ringen um den Posten des Parteichefs von Saskia Esken in einer Talkshow nicht sogar abgesprochen worden, ein standhafter Sozialdemokrat zu sein? Und hatte Norbert Walter-Borjans nicht gegen Scholz, der damals noch für die Schwarze Null stand geätzt, die SPD habe sich von „Lobbyisten und falschen Ratgebern in die neoliberale Pampa“ führen lassen?

Männlicher Merkel

In Köln ist sich Walter-Borjans nun sicher: „Wir haben einen Kanzlerkandidaten, bei dem mittlerweile die ganz große Mehrheit in Deutschland sagt: Auf den kann man sich verlassen.“ Auch Esken hat ihre Zweifel natürlich längst überwunden: „Wir haben ein sozialdemokratisches Jahrzehnt vor uns. Wir holen die Wahl!“

Scholz hatte viel Zeit, seinen Sturm aufs Kanzleramt zu planen. Ganz unbefangen bewirbt er sich um die Rolle als männlicher Merkel. Von einem Magazin ließ er sich mit Merkels Raute-Handzeichen ablichten, auf einigen seiner Wahlplakate wirbt Scholz mit dem Helmut-Kohl-Slogan „Kanzler für Deutschland“. In Grunde wäre es nur konsequent, würde Scholz auch noch den Konrad Adenauers Versprechen „Keine Experimente“ kapern.

Scholz profitierte von der Schwäche und den Fehlern  seiner Konkurrenten. Zuerst geriet die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock durch Unehrlichkeiten im Umgang mit ihrem Lebenslauf und einem von ihr und Helfern in aller Eile zusammengeschusterten Buch auf die Glaubwürdigkeits-Rutschbahn. Dann kam Unionskanzlerkandidat Armin Laschet durch Ungeschicklichkeiten beim Krisenmanagement während der verheerenden Juli-Flut aus dem Tritt. Immer deutlicher machte Laschet zudem das strategische Dilemma zu schaffen, dass er mit seinen Zukunftsversprechen keinen allzu starken Kontrast zur sechzehn Jahre währenden Ära seiner Parteifreundin Merkel entstehen lassen durfte, um nicht unfreiwillig an einer für SPD und Grüne günstigen Wechselstimmung mitzuwirken. So blieb Laschet – der seit 2017 in Nordrhein-Westfalen erfolgreich regiert – in der bundesweiten Wahrnehmung profillos.

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