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#„Wir sind nicht mehr im Mittelalter“

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„Wir sind nicht mehr im Mittelalter“

Ungarn gerät wegen eines neuen Gesetzes, das Kinder vorgeblich vor nicht-heterosexuellen Orientierungen schützen soll, zunehmend unter europäischen Druck. Beim Treffen der Europaminister am Dienstag in Luxemburg wiesen die Vertreter mehrerer Staaten das Gesetz als „diskriminierend“ und „uneuropäisch“ zurück. Deutschland, Frankreich und Irland kündigten vor dem Treffen an, dass sie eine von den Benelux-Ländern initiierte Erklärung unterstützen würden. Der Text soll am Nachmittag veröffentlicht werden. Dagegen verteidigte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó das Gesetz, das am vorigen Dienstag mit den Stimmen der regierenden Fidesz-Partei und der rechtsradikalen Partei Jobbik beschlossen worden war.

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Es schreibt vor, dass Kinder und Jugendliche nicht Inhalten ausgesetzt werden dürfen, die sie mit einer anderen Orientierung konfrontieren als der Heterosexualität. Das betrifft Bücher, Filme, Anzeigen und andere Medien. Die Regierung will ergänzend festlegen, welche Organisationen künftig noch zur Sexualaufklärung in Schulen zugelassen sind. Sie fügte die entsprechenden Bestimmungen in ein Gesetz ein, das die Bestrafung von Pädokriminalität verschärft. Damit wollte sie es der Opposition erschweren, gegen die Änderungen zu stimmen.

Liberale und Linke stimmten nicht ab

Die Abgeordneten der liberalen und linken Fraktionen nahmen jedoch aus Protest nicht an der Abstimmung teil. So wurde das gesamte Gesetzespaket mit 157 Stimmen bei nur einer Gegenstimme angenommen. Gegen die Entscheidung demonstrierten nicht nur Tausende Menschen in Budapest. Sie wurde auch von der amerikanischen Botschaft in Ungarn, vom Europarat und von den Vereinten Nationen kritisiert.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte schon vorige Woche gesagt, das Gesetz werde im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren überprüft. Am Dienstag legten nun die Vertreter mehrerer EU-Staaten nach, und zwar anlässlich einer weiteren Anhörung Ungarns im Rahmen des Artikel-7-Verfahrens zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit.

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„Die jüngsten Entscheidungen des ungarischen Parlamentes sind aus unserer Sicht eine große Beschwernis, weil sie klar gegen unsere EU-Werte verstoßen“, sagte der deutsche Staatsminister für Europa, Michael Roth von der SPD. „Ein respektvoller Umgang mit Minderheiten, auch mit sexuellen Minderheiten, sollte völlig außer Zweifel sein.“ Der französische Europaminister Clément Beaune sprach von einer „Diskriminierung gegen die sexuelle Orientierung“, die im ungarischen Gesetz als Bedrohung und Propaganda eingestuft werde: „Wir können diesen Diskurs nicht hinnehmen, wir können diesen Angriff auf unsere Werte nicht hinnehmen.“

Beaune und Roth, die beide offen zu ihrer Homosexualität stehen, machten deutlich, dass sie eine von den Benelux-Staaten aufgesetzte Erklärung gegen das ungarische Gesetz unterstützen. „Es kann nicht sein, dass in Europa diese Diskriminierung und Marginalisierung von Menschen Platz greift“, sagte die niederländische Außenhandelsministerin Sigrid Kaag. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn nannte das Gesetz „beschämend“ und „uneuropäisch“: „Das ist ein Gesetz, das überhaupt nicht mit den europäischen Werten übereinstimmt. Die Menschen haben das Recht, so zu leben, wie sie wollen. Wir sind nicht mehr im Mittelalter!“

Der ungarische Außenminister Szijjártó behauptete dagegen: „Dieses Gesetz ist gegen keine Gemeinschaft in Ungarn gerichtet. Dieses Gesetz ist nur gegen Pädophile. Dieses Gesetz macht ganz klar, dass Kinder geschützt werden müssen.“ Es gehe nur um das exklusive Recht der Eltern, ihre Kinder hinsichtlich deren sexueller Orientierung zu „erziehen“. In dem Zusammenhang stellte er nicht-heterosexuelle Identitäten abermals als Propaganda dar: „Es kann nicht sein, dass mein Sohn eines Tages nach Hause kommt und er durch Propaganda in einer Weise ausgerichtet ist, die ich ihm nicht zumuten will.“ Szijjártó hielt Kritikern vor, sie würden den Inhalt des Gesetzes nicht kennen.

Das wies die österreichische Europaministerin Karoline Edtstadler entschieden zurück. Sie sagte, „eine Verquickung hier mit Homosexualität und ein Hintanhalten von Information für Jugendliche und Kinder gerade in einem Alter, wo sie sich entwickeln, halte ich für wirklich besorgniserregend, und das muss jetzt auch besprochen werden“. Der irische Europastaatssekretär Thomas Byrne sprach von einem „sehr gefährlichen Moment für Europa und auch für Ungarn“. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission Vera Jourová ging nicht auf das Gesetz ein, sagte aber allgemein, die Rechtsstaatlichkeit entwickele sich weder in Ungarn noch in Polen in die richtige Richtung. „Wir haben es immer noch mit Themen systemischer Tragweite zu tun.“

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