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#Armin Laschet wird persönlich

Armin Laschet wird persönlich

Armin Laschet sieht abgekämpft aus am Mittwochabend zu Beginn der ARD-„Wahlarena“. Kein Wunder: Der Wahlkampf zehrt an dem Kanzlerkandidaten der Union. In den Umfragen liegt die Union hinter der SPD, nach dem zweiten Triell der Kanzlerkandidaten, das am Sonntag lief, fanden ihn nach einer ARD-Umfrage nur 27 Prozent der Zuschauer am überzeugendsten – und nur 18 Prozent am sympathischsten. Und es sind nur noch elf Tage bis zur Bundestagswahl.

Doch gleich bei der ersten Frage scheint die Anspannung von ihm abzufallen. Eine Siebzehnjährige, die sich als Mitglied einer Schülerzeitung vorstellt, will wissen, ob er Cannabis legalisieren würde – und ob er selbst schon mal gekifft habe. Laschet reagiert wie aus dem Lehrbuch: Schülerzeitung, das finde er „stark“,  so habe er selbst mal angefangen, gebe Schülerzeitungen auch immer gerne Interviews. Er selbst habe natürlich noch nie gekifft. Er verstehe, warum manche eine Legalisierung forderten, kenne aber selbst im Familienkreis Menschen, die über leichte Drogen in schwere Abhängigkeit gerutscht seien. Deshalb: „Cannabis zu legalisieren halte ich für falsch.“ 

Dieses Muster – ein paar freundliche Worte, die Herstellung eines persönlichen Bezugs und schließlich die mal mehr, oft aber weniger eindeutige Beantwortung der Frage – behält Laschet über die 75 Minuten der „Wahlarena“ bei. Er trägt keine Krawatte, gibt sich locker, nahbar. Kommt eine Frage zu Entwicklungszusammenarbeit, antwortet er: „Also Sie glauben gar nicht, wie Sie mir da aus dem Herzen sprechen. Vor zwanzig Jahren war ich im Entwicklungshilfeausschuss.“ Geht es um Rassismus: „Sie wissen, nicht wahr, ich war mal Integrationsminister.“

Aufwendig gecastete Zuschauer

Das Publikum in Lübeck besteht aus 62 von der ARD aufwendig gecasteten Zuschauern. Ein Homosexueller fragt, warum er kein Blutplasma spenden darf, ein Feuerwehrmann im Rollstuhl kritisiert, dass Behinderte auf dem ersten Arbeitsmarkt oft keine Chance haben, eine derzeit noch impfunwillige Frau sorgt sich um die Spaltung der Gesellschaft, eine Fridays-for-Future-Aktivistin will Laschets Sofortprogramm gegen den Klimawandel hören und ein Mann aus dem Ahrtal fühlt sich nach der Flut vom Staat im Stich gelassen.

Bei so vielen Menschen und Themen bleibt die inhaltliche Tiefe oft auf der Strecke. Zumal die Moderatoren Andreas Cichowicz und Ellen Ehni sich sehr zurücknehmen und nur nachhaken, wenn Laschet sich allzu offenkundig um eine Antwort drückt. Doch es gelingt ihm gut, auf viele schwere und leichte Themen im schnellen Wechsel spontan einzugehen.

Besonders eindrücklich im Gespräch mit einer Studentin aus Stuttgart, die sagt, viele junge Menschen in ihrem Umfeld könnten „sich nicht mehr vorstellen, Kinder zu bekommen, weil die eine Erwärmung von drei bis vier Grad erleben würden“. Laschet fragt nach, ob sie auch von sich selbst spreche, und sie nickt. „Das geht natürlich wirklich ans Persönlichste, ans Herz, wenn ein junger Mensch sagt, ich weiß nicht, ob ich noch Kinder bekommen kann wegen des Klimawandels“, sagt er sichtlich berührt. Er spricht dann darüber, dass man „beim Klimawandel Tempo machen“, die gesamte Industrie klimaneutral werden müsse. „Und ich würde Ihnen die Zuversicht geben, dass wir das hinkriegen“, sagt er, und dass er sie ermutigen möchte, ein Kind zu bekommen. Und siehe da: Sie lächelt ihn an. Sicherlich weniger, weil seine Antwort sie inhaltlich überzeugt hat. Sondern weil Laschets Emotionalität ehrlich wirkt, der Moment geradezu intim.

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Zu einer Langzeitarbeitslosen sagt Laschet: „Sie wären ein Gewinn für jeden Betrieb. Schreiben Sie mir Ihre Nummer gleich mal auf.“ Die Frau strahlt. Doch seine Art, sich mit den Menschen zu verbrüdern, verfängt nicht bei allen. Eine Sozialarbeiterin will wissen, warum es noch keinen Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz gebe. „Was Sie da leisten ist beeindruckend“, sagt Laschet. Sie entgegnet, das wisse sie selbst. „Ich war Frauenminister, in NRW haben wir die höchste Frauenhausdichte“, fährt er fort. Sie unterbricht ihn kampfeslustig: Sie wolle nichts über die Vergangenheit hören, sondern was er in Zukunft zu tun gedenke.

„Das, was Sie gesagt haben, verletzt mich“

Auch die sechzehnjährige Fridays-for-Future-Aktivistin, die seine Politik als „Katastrophe“ bezeichnet, lässt sich nicht von ihm einwickeln. Und mit einer dritten Frau tut Laschet sich ebenfalls schwer: Die Studentin behauptet, dass Laschet in viele Positionen nur durch die Beziehungen zu Katholischen Studentenverbindungen gelangt sei. Ob er sich als Kanzler von diesen abgrenzen würde? „Warum soll man sich davon abgrenzen?“, fragt er sie sichtlich irritiert. „Das, was Sie gesagt haben, berührt mich, verletzt mich“, sagt er: „Ich bitte, mir zu glauben, was ich als eigene Leistung eingebracht habe, oft rund um die Uhr.“

Trotz dieser unangenehmen Momente: Das persönliche Gespräch mit Wählern liegt Laschet eher als das Triell-Format. Er nutzt es im Laufe des Abends immer wieder, um tatsächlich persönlich zu werden, wie schon in der Antwort zur ersten Frage, in der er von drogenabhängigen Verwandten sprach. Ist er deshalb kanzlertauglicher als SPD-Kandidat Olaf Scholz, der im selben Format vor zwei Wochen viel sachlicher blieb? Ist ein solches Fernsehformat überhaupt oder zumindest eher als andere geeignet, Kanzlertauglichkeit unter Beweis zu stellen?

So oder so geht es mit dem Fernseh-Wahlkampf in dichter Taktung weiter: Morgen spricht Annalena Baerbock im ZDF „Klartext“, in vier Tagen läuft das dritte Triell auf Pro7, Sat.1 und Kabeleins. Und in nur elf Tagen laufen dann Sendungen wie „Bundestagswahl 2021“ und die „Berliner Runde“.

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