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#„Eine Art fortschrittsfreundliches Zentrum“

„Eine Art fortschrittsfreundliches Zentrum“

Die Grünen sind vorgeprescht. Am Mittwoch um kurz nach 10 Uhr stellten sich die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck vor die Mikrophone. Sie seien zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoll sei, „jetzt vertieft (…) mit FDP und SPD weiter zu sprechen“, sagte Baerbock. Das schlage man nun der FDP vor. Die Grünen hatten die FDP kurz vor dem öffentlichen Auftritt informiert, aber die Antwort nicht abgewartet. Als sie nach einer nur einstündigen Sitzung mit dem Bundesvorstand, Parteirat und dem Sondierungsteam ihre Entscheidung verkündeten, hatten die Freien Demokraten gerade mit ihrer eigenen Besprechung begonnen.

Doch wer erwartet hatte, dass die FDP sich über den unilateralen Vorstoß empören würde, sah sich getäuscht. Um 11:30 Uhr trat der Parteivorsitzende Christian Lindner auf. Er begann zwar mit der Feststellung, dass die größten inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit den Unionsparteien bestünden. „Für uns bleibt Jamaika inhaltlich tragfähig“, sagte Lindner, fügte aber hinzu: „Allerdings wird in der Öffentlichkeit der Regierungswille und die Geschlossenheit der Union diskutiert“.

Er legte Wert auf den Hinweis, „in Absprache mit den Grünen“ habe die FDP das Angebot eines Gespräches mit der SPD angenommen. Er habe kurz vor der Bekanntgabe der Entscheidung mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz telefoniert und angeboten, dass ein Gespräch der drei Parteien schon am Donnerstag stattfinden könne.

Lindner: FDP will „Schritt für Schritt vorgehen“

Die Freien Demokraten hatten die Entscheidung über das weitere Vorgehen in einer virtuellen Sitzung getroffen, zu der neben dem Bundesvorstand auch die Mitglieder der neuen FDP-Bundestagsfraktion zugeschaltet waren. Lindner berichtete, es habe „einmütig große Unterstützung“ für die Gesprächsführung des FDP-Präsidiums in den Vorsondierungen der vergangenen Tage gegeben, es sei auch der „Vorschlag einmütig begrüßt“ worden, nun eine erste Sondierungsrunde im „Ampel“-Format zu veranstalten.

Lindner wollte nicht den Eindruck erwecken, als sei damit schon die endgültige Entscheidung für eine Koalition mit SPD und Grünen gefallen. Die FDP wolle „Schritt für Schritt vorgehen“, und „sich jeweils auf den nächsten Schritt konzentrieren“.

Auch der Grünen-Vorsitzende Habeck sagte, die Ampel-Gespräche seien „keine Komplettabsage an Jamaika“. Die Union habe sich „wirklich bemüht“, so Habeck, sei auf die Grünen zugegangen, das habe man wohl gesehen. Aber es gebe eben die „größeren Differenzen in einem Jamaika-Bündnis unsererseits“. Mit SPD und Grünen seien „die größten Schnittmengen“ denkbar, vor allem für den breiten Bereich der Gesellschaftspolitik, sagte Habeck. „Denkbar heißt aber ausdrücklich, dass der Keks noch lange nicht gegessen ist.“ Es gebe noch viele offene Punkte und auch Differenzen, vor allem zwischen Grünen und FDP, aber auch zwischen Grünen und SPD. „Viele Dinge sind noch nicht durchdiskutiert, geschweige denn so konkretisiert, dass man sagen könnte, es sei ein sicheres Gleis.“

Ein strategisch vorteilhafter Zug?

Doch so viel wurde am Mittwoch klar: Grüne und FDP wollen den Weg zur Regierungsbildung weiterhin gemeinsam gehen. Daran ändert das Vorpreschen der Grünen nichts – im Gegenteil: Man kann den Eindruck gewinnen, dass es aus gemeinsamer grün-gelber Sicht als strategisch sinnvoll angesehen wurde, wenn die Grünen den ersten Schritt machen. Dass die Mehrheit der Grünen eine sogenannte Ampel favorisiert, ist schließlich bekannt. Wenn die Grünen sich für die Ampel aussprechen, könnte es einfacher sein, der FDP-Basis, der Jamaika deutlich näher liegt, die Gespräche mit SPD und Grünen schmackhaft zu machen.

Bereits in der vergangenen Woche hatten sich beide Parteien zweimal getroffen und danach jeweils lobende Worte über die Gespräche gefunden. Offenbar wächst zwischen FDP und Grünen ein Vertrauensverhältnis. Baerbock sprach von einer Chance, in einem Dreierbündnis etwas zu schaffen, wichtig dafür seien „Verlässlichkeit und Vertrauen“. Wenn man das am Anfang einmal krachend zerschlage, dann funktioniere es über Jahre nicht.

Lindner sagte am Mittwoch, beide Seiten stünden in regelmäßigem Austausch. Bei allen Unterschieden gebe es mit den Grünen die gemeinsame Überzeugung, „dass unser Land erneuert werden muss“. Wenn diese Gemeinsamkeit prägend bleibe, dann könne „eine Art fortschrittsfreundliches Zentrum gebildet werden“, was dann „viel politische Phantasie“ erzeugen könne.

Parallele Sondierungen mit SPD und Union wollen aber weder die Grünen noch die FDP führen. Habeck sagte, man dürfe die Dinge „nicht künstlich verkomplizieren und in die Länge ziehen“, er wolle kein „Pokerspiel“. Der Sinn der anstehenden Sondierungsgespräche sei nun nicht, einen „ausgeklügelten Koalitionsvertrag aufzuschreiben, sondern politische Übereinstimmung festzustellen oder nicht festzustellen“. Es gehe vielmehr darum, Unterschiede zwischen den Parteien, die im Wahlkampf teils aufgebauscht worden seien, teils real seien, so stabil zu klären, „dass darauf aufgebaut werden kann“.

Am Ende von Sondierungen müsse eine politische Entscheidung stehen, nicht „eine Spiegelstrich-Sammelsuriums-Entscheidung“, so Habeck. Das sei theoretisch in einer einstelligen Sitzungszahl zu bewältigen. Baerbock mahnte, das Land könne sich keine lange Hängepartie leisten.

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