Nachrichten

#„Einen Völkermord kann man nicht ausradieren“

Inhaltsverzeichnis

„Einen Völkermord kann man nicht ausradieren“

„Kwibuka 27“ steht auf dem großen Schild vor dem Fünf-Sterne-Hotel, in dem sich Emmanuel Macron nach seinem Nachtflug nach Kigali frisch macht. Zum Erinnern („Kwibuka“) an den Völkermord in Ruanda vor 27 Jahren mahnen auf der morgendlichen Fahrt noch etliche Hinweisschilder, bevor die Wagenkolonne des Gastes aus Paris am Eingangstor zur Genozid-Gedenkstätte in Gisozi auf einer Anhöhe der Hauptstadt haltmacht. Der französische Präsident ist nicht nur zum Erinnern gekommen, er will nach 27 Jahren des Leugnens, der Staatsgeheimnisse und halbherziger Eingeständnisse zur französischen Rolle beim Genozid „eine neue Seite in unserer Beziehung zu Ruanda und zu Afrika“ aufschlagen.

„Die Historikerkommission hat den Weg geebnet“, sagt Freddy Mutanguha, der Direktor der britischen Nichtregierungsorganisation Aegis Trust, die das Genozid-Memorial in Kigali verwaltet. Die Kommission unter Leitung des französischen Historikers Vincent Duclert hatte im März in einem mehr als tausend Seiten umfassenden Bericht die „schwere und erdrückende Verantwortung“ Frankreichs für den Völkermord herausgestellt. Mutanguha steht schon seit dem frühen Morgen unter den Palmen auf dem rot gepflasterten Vorplatz, der sich vor dem modernen Bau der Gedenkstätte erstreckt. „Was sind schon ein paar Minuten, wenn man auf diesen Moment seit Jahren gewartet hat“, sagt er sichtlich bewegt.

So weit der Blick über die Hügel reicht, sieht man die Wahrzeichen der blühenden, boomenden Hauptstadt Ruandas, moderne Hotelpaläste und ein neues Kongresszentrum, gläserne Bürohäuser und Baukräne. Unterhalb der Gedenkstätte aber liegt eine Vergangenheit begraben, die nicht vergehen will. Schwere Betonplatten verdecken die Grabkammern von mindestens 250.000 Opfern des Völkermords. Die meisten sterblichen Überreste konnten nicht identifiziert werden, sie stammen aus Massengräbern, in denen die Mörder während des Blutrausches im Frühjahr 1994 ihre Opfer verschwinden ließen.

Die Würde zurückgeben

Die Gebeine der Getöteten wurden überall in der Hauptstadt gefunden und zu ihrer letzten Ruhestätte in Särgen hinabgelassen, „um ihnen die Würde zurückzugeben“, wie Mutanguha hervorhebt. Mehr als eine Million Menschen des damals knapp über sieben Millionen Einwohner zählenden Landes wurden in den hundert Tagen des Genozids ermordet, so steht es auf einer Tafel im Zentrum. Daneben steht: „Als man nach dem Holocaust sagte: Nie wieder!, waren da nur bestimmte Personen gemeint und andere nicht?“

Wie die meisten seiner Mitarbeiter ist auch der Direktor ein Überlebender. In den gefilmten Augenzeugenberichten, die Präsident Macron während der Führung gezeigt werden, erkennt der Direktor sich wieder. Seine beiden kleinen Schwestern und seine Mutter wurden umgebracht, nicht von unbekannten Mördern, sondern von einem Hutu-Freund der Familie. „Das Gift des Hasses hat sich lange ausgebreitet, bevor das Töten begann“, sagt er. Frankreich habe sich „blind“ gezeigt angesichts der heraufziehenden Katastrophe.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Ruandas Präsident Paul Kagame am 27. Mai in Kigali


Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Ruandas Präsident Paul Kagame am 27. Mai in Kigali
:


Bild: Reuters

Präsident Macron lässt sich Zeit damit, die Fotos der Ermordeten in der Gedenkstätte auf sich wirken zu lassen, sieht die Kinderbilder lange an. „Sein Schädel wurde beim Schleudern gegen eine Wand zertrümmert“, steht unter dem Foto eines lachenden Kleinkindes. Als der Präsident sich in das Gästebuch einschreibt, wie vor ihm Benjamin Netanjahu, Bill Clinton oder George W. Bush, wirkt er bedrückt.

„Ibuka, erinnere dich“, beginnt er seine Rede unter dem Zeltdach, das in der Nähe der Grabstätten aufgespannt ist. „Einen Völkermord kann man nicht vergleichen. Er hat eine Geschichte. Er ist einzigartig“, sagt er. „Einen Völkermord kann man nicht ausradieren.“ Die Mörder hätten nicht die Gesichter von Franzosen gehabt. Frankreich könne keine Komplizenschaft vorgeworfen werden. „Das Blut, das floss, hat nicht unsere Soldaten entehrt“, hebt er hervor. Aber Frankreich habe 1990 nicht verstanden, dass es „de facto an der Seite eines Völkermord-Regimes stand“. Macron spielt auf die Militärhilfen an, die immer mehr Geld verschlangen, je mehr sich das Regime in Kigali radikalisierte.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!