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#Neukölln wehrt sich per Vorkaufsrecht

Neukölln wehrt sich per Vorkaufsrecht

Wenn es um Wohnungsnot geht, ist meist von steigenden Mieten die Rede. Doch das Problem ist größer. Immer mehr Mietshäuser werden in Eigentumswohnungen aufgeteilt, vor allem in Großstädten wie Berlin. Im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain sind laut dem zuständigem Baustadtrat schon etwa ein Drittel der Mietshäuser umgewandelt; auch in Neukölln kam es, einem Bericht des Bezirksamts zufolge, in den vergangenen Jahren zu überdurchschnittlich vielen Umwandlungen. Zwar gibt es Gesetze, die Mieter vor Verdrängung schützen und Bevölkerungsstrukturen erhalten sollen – doch bislang konnten die Regeln leicht umgangen werden. Das könnte sich nun ändern. Der Bezirk Neukölln hat einen Präzedenzfall geschaffen, dessen Wirkung weit über Berlin hinausreichen könnte.

Wenn eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt und dann verkauft wird, steht den Bewohnern ein Vorkaufsrecht zu. Üben sie es nicht aus, sind sie vor Eigenbedarfskündigungen nur vorübergehend geschützt, auch wenn der Rechtssatz „Kauf bricht Miete nicht“ anderes suggeriert. In der Regel kann der neue Eigentümer dem Mieter drei Jahre nach dem Kauf kündigen. Je nach Region kann die Sperrfrist auf zehn Jahre verlängert werden; in Berlin ist das geschehen.

In sogenannten Milieuschutzgebieten steht auch dem Bezirk ein Vorkaufsrecht zu. Das sind Gegenden, in denen die Stadt eine soziale Verdrängung befürchtet und sich deshalb für einen Erhalt der Bevölkerungsstruktur einsetzt. Modernisierungen müssen dort vom Bezirk genehmigt werden, eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist nur unter Vorbehalt möglich. 65 solcher Gebiete gibt es in Berlin; zehn sind es allein in Friedrichshain-Kreuzberg, acht in Neukölln. Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hat schon 33 Mal das bezirkliche Vorkaufsrecht ausgeübt – und stand dabei vor allem bei der FDP in der Kritik. Sie hat ihm vorgeworfen, keine Finanzierungskonzepte zu haben.

Um ein Vorkaufsrecht wahrnehmen zu können, muss der Bezirk von den Immobilienverkäufen überhaupt erst erfahren. Doch oft bekommt er davon gar nichts mit – etwa dann, wenn Unternehmen sogenannte Share Deals abwickeln. Dabei erwerben Investoren keine Häuser, sondern Anteile an Unternehmen, die Immobilien halten. Zu Grundbuchänderungen kommt es selten. Mit einigen Tricks sparen die Unternehmen bei solchen Verkäufen außerdem die Grunderwerbsteuer. Bislang entfiel sie dann, wenn Firmen weniger als 95 Prozent der Anteile erwarben. Die restlichen Anteile kauften oft verflochtene Unternehmen. Allein Berlin entgehen durch derartige Geschäfte jährlich Steuereinnahmen von etwa 100 Millionen Euro, schätzt Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD). Kürzlich hat Berlin deshalb eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die dafür sorgen soll, dass künftig alle Fälle grundstücksbezogener Share Deals anzeigepflichtig werden. Damit wäre gewährleistet, dass der Bezirk von den Geschäften überhaupt erfährt.

Steuerverluste von erheblicher Bedeutung

Auch die Bundesregierung hat das Problem der Share Deals erkannt. Schon Ende Juli 2019 wollte sie deshalb das Grunderwerbsteuergesetz ändern. Die Praxis habe gezeigt, dass es besonders im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen immer wieder gelinge, durch „gestalterische Maßnahmen die Grunderwerbsteuer zu vermeiden“, hieß es im Gesetzentwurf. Die hiermit einhergehenden Steuermindereinnahmen seien von „erheblicher Bedeutung“. Der Entwurf sah unter anderem vor, dass die 95-Prozent-Grenze auf 90 Prozent gesenkt wird. Unternehmen dürften dann 89,9 Prozent grunderwerbsteuerfrei kaufen. Kritikern ging die geplante Reform nicht weit genug, die Immobilienbranche protestierte laut. Dann lag der Entwurf erst einmal auf Eis.

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