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#„Sehr dynamische, unübersichtliche Lage“

„Sehr dynamische, unübersichtliche Lage“

Die „Querdenker“-Demonstration in Kassel mit etwa 20.000 Teilnehmern hat am Sonntag zu erheblicher Kritik am Vorgehen der Polizei, aber auch am Auftreten der Demonstranten geführt und wird voraussichtlich noch eine längere Nachbereitung zur Folge haben. Vor allem Oppositionsparteien im Hessischen Landtag monierten im Nachgang, dass die Polizei ihrer Aufgabe, die Corona-Regeln durchzusetzen, nicht umfänglich nachgekommen sei. Zudem kam die Frage auf, wie es dazu gekommen sei, dass eine so große Teilnehmerzahl überhaupt geduldet wurde, wenn doch nur 6000 Demonstranten genehmigt worden seien.

Günter Rudolph, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, äußerte, es sei der Eindruck entstanden, „dass Polizeibeamte dem nicht genehmigten Aufmarsch der sogenannten ,Querdenker‘ noch den Weg bahnten“. Das Einsatzkonzept der Polizei sei offenkundig gescheitert. Sie habe zugelassen, „dass massenhaft das Recht gebrochen wurde“.

Rudolph verliere sich in populistischer Kritik, meinte hingegen der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Holger Bellino. „Wir danken unserer Polizei für ihren Einsatz und das konsequente Durchgreifen.“

Straftaten würden konsequent zur Anzeige gebracht

Die Landtagsfraktion der Linken berichtete, dass der Vorsitzende des Ortsbeirats der Kasseler Nordstadt, Ali Timtik (Linke), durch Schläge und Pfefferspray schwer verletzt worden sei und ins Krankenhaus habe gebracht werden müssen. Es sei unerklärlich, warum die Polizei nicht bereits bei der Anreise der angekündigten Corona-Leugner die Zufahrt kontrolliert und Absperrungen aufgestellt habe, meinte der Parlamentarische Geschäftsführer Torsten Felstehausen.

Der Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle nahm die Polizei in Schutz. „Der Polizei vor Ort ist aus meiner Sicht kein Vorwurf zu machen“, erklärte der SPD-Politiker am Sonntag. Eine endgültige Bilanz bedürfe jedoch noch einer gründlichen Aufarbeitung. Diese sei bereits eingeleitet. Die Stadt sei am Samstag von Querdenkern und Trittbrettfahrern regelrecht überflutet worden. Nahezu die gesamte Menschenmasse sei aus dem gesamten Bundesgebiet und auch aus dem Ausland in die Stadt gekommen.

„Es entsetzt mich, dass Infektionsschutz, demokratische Ausübung der Versammlungsfreiheit und auch menschlicher Anstand in großen Teilen schlicht nicht vorhanden waren“, sagte Geselle. Das empfinde er als Schlag ins Gesicht derjenigen, die Leid und Entbehrungen in der Krise ertragen mussten, uns mit ihrer harten Arbeit durch die Krise helfen und damit letztlich als Schlag ins Gesicht seiner Stadt. „Das macht mich wütend und fassungslos.“

Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte am Sonntag in Wiesbaden, angesichts von fast 75.000 Corona-Toten in Deutschland lösten die Menschenmassen in Kassel nur Kopfschütteln aus. „Dennoch wurde diese Demonstration in Kassel genehmigt und musste von der Polizei begleitet werden.“ Eskalationsversuche sowie Gewalt gegen die Einsatzkräfte seien nicht hingenommen und entschlossen unterbunden worden. Das gesamte Einsatzgeschehen werde von der hessischen Polizei gründlich nachbereitet, so Beuth. Jegliche Straftaten würden konsequent zur Anzeige gebracht.

Nur etwa 6000 Teilnehmer zugelassen

Am Samstag waren etwa dreimal so viele Demonstranten dem Aufruf gefolgt, wie es hätten sein dürfen. Laut den gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt waren nur 6000 Teilnehmer zugelassen. Viele von ihnen hielten sich nicht an die Auflage, einen Mund-und-Nasen-Schutz zu tragen. Während eines Demonstrationszuges durch die Innenstadt kam es am Samstagmittag zu Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten und mit der Polizei. Mehrere Beamte seien angegriffen worden, sagte ein Polizeisprecher. Auch Journalisten wurden angegangen und beschimpft.

Die Polizisten setzten Schlagstöcke und Pfefferspray sowie einen Wasserwerfer ein. Mehrere Menschen wurden festgenommen. Für Diskussionen sorgte in den sozialen Medien ein Video, auf dem zu sehen war, wie Polizisten eine Fahrradsperre von Gegendemonstranten beseitigten. Das Video zeigt Thüringer Polizisten, wie sie bei einer Demonstration von Gegnern der Corona-Eindämmungsmaßnahmen in Kassel aggressiv und gewaltsam gegen eine Gegendemonstrantin mit Fahrrad vorgehen. Auch andere Videos machten die Runde, in denen Polizisten gewaltsam gegen Gegendemonstranten vorgehen, die den Demonstrationszug blockieren wollten.

Thüringens Innenminister Georg Maier kündigte Konsequenzen an. „Selbstverständlich wird der Einsatz kritisch nachbereitet. Auch mir stellen sich aufgrund der Bilder drängende Fragen. Ich werde nicht zögern, die Abgeordneten des Innenausschusses umfassend zu informieren“, schrieb der SPD-Politiker am Samstagabend auf Twitter.

Die Polizei berichtete in einer vorläufigen Bilanz, die sie am Samstagabend veröffentlichte, dass sich schon vor dem offiziellen Versammlungsbeginn mehrere tausend Menschen in der Kasseler Innenstadt zusammengefunden hätten. Dort hätten zu dieser Zeit schon weitere Versammlungen stattgefunden, die Protest gegen die Versammlung auf der Schwanenwiese zum Ausdruck brachten. Es sei schnell zu einer „sehr dynamischen und unübersichtlichen Lage“ gekommen, „bei der größere Personengruppen versuchten, gewaltsam polizeiliche Absperrungen zu durchbrechen“. Dass die Polizei gegen die Verstöße gegen die Corona-Regeln nicht vorgegangen ist, erklärte sie damit, dass „ein konsequentes Auflösen nach Einschätzung der Polizei zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Verletzten auf allen Seiten geführt hätte“.

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