#Wieso die Grünen in Baden-Württemberg doch mit der CDU koalieren wollen
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„Wieso die Grünen in Baden-Württemberg doch mit der CDU koalieren wollen“
Die Grünen und die CDU in Baden-Württemberg wollen in der kommenden Woche nun doch mit Verhandlungen über die Bildung einer zweiten grün-schwarzen Koalition beginnen. Am Donnerstag hatte der Vorschlag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, statt der Ampel mit SPD und FDP doch wieder eine grün-schwarze Koalition zu bilden, zunächst im Landesvorstand seiner Partei keine Mehrheit gefunden. Die Abstimmung musste verschoben werden. Am Samstagnachmittag präsentierte Kretschmann nun mit dem CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl ein sieben DIN-A4-Seiten umfassendes Papier als Ergebnis der zweiwöchigen Sondierungen. Es soll Grundlage für die Koalitionsverhandlungen sein, die am kommenden Mittwoch beginnen.
Kretschmann machte deutlich, dass es sich nicht um eine Fortsetzung der alten grün-schwarzen Koalition handele und auch nicht um eine „Komplementärkoalition“, in der die Basis der gemeinsamen Arbeit begrenzt ist. Kretschmann pochte auf den künftigen Führungsanspruch der Grünen, die bei der Landtagswahl mit 32,4 Prozent etwa acht Prozentpunkte mehr bekommen hatten als die CDU. „Jetzt haben wir einen klaren Führungsanspruch, es kann ein echter Neuaufbruch sein“, sagte der Ministerpräsident.
CDU will ökologische Programmatik stärker betonen
Strobl versicherte mehrfach, dass die CDU den Führungsanspruch der Grünen künftig nun akzeptieren werde. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart sprach von einer „bürgerlich-ökologischen Brückenkoalition“.
Den Zusammenhalt der künftigen Landesregierung soll ein ehrgeiziges Klimaschutzprogramm sichern. Die Grünen wollen damit ihre CDU-skeptische Basis überzeugen und auf die Forderungen der Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ eine Antwort geben; die CDU will mit dem ehrgeizigen Klimaschutzprogramm neben ihren konservativen und sozialen Wurzeln ihre ökologische Programmatik wieder stärker betonen. Strobl sagte, mit dem Thema Klimaschutz hätten die Grünen bei der CDU „offene Türen“ eingerannt. Schon in ihrem Wahlprogramm („Neue Ideen für eine neue Zeit“) hatte sich die CDU stark auf die Grünen zubewegt, in der bisherigen grün-schwarzen Regierung hatte es über das neue Klimaschutzgesetz aber über viele Monate hinweg zwischen Grünen und CDU heftigen Streit gegeben.
Die Klimaschutzziele für die künftige Regierung sind nun äußerst ambitioniert: Kretschmann sagte, er habe großen Respekt vor dem, was man sich bei diesem Thema vorgenommen habe. Im Staatswald und auf Landesflächen sollen 1000 neue Windkraftanlagen gebaut werden. Für private Neubauten soll der Bau einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach vorgeschrieben werden. Auch Bauherren, die einen Altbau grundsanieren und zum Beispiel das Dach renovieren, müssen künftig eine Solaranlage installieren. Jedes Förderprogramm soll künftig auf Klimaverträglichkeit geprüft werden. In Baden-Württemberg soll es ein „Reallabor Klimastadt“ geben. Im Umkreis von fünf Kilometern soll es künftig Schnell-Lade-Säulen für Autos mit E-Antrieb geben.
Bekenntnis zur Identitätspolitik
Der CDU-Landesvorsitzende Strobl sagte, die CDU gehe „aufrecht“ in die Koalition, die Zweitauflage von Grün-Schwarz solle eine „Konsenskoalition“ werden. Inhaltlich bestehe bei drei Vierteln der Fragen, die jetzt verhandelt worden seien, zwischen beiden Parteien Einigkeit. Mit welchen inhaltlichen und personellen Schwerpunkten sich die CDU künftig profilieren will, geht aus dem Sondierungspapier nicht hervor. Genannt werden die Haushalts- und die Sicherheitspolitik, der Fraktionsvorsitzende Reinhart hob zudem die Vereinbarungen zur Stärkung des Ehrenamtes hervor. Es ist aber fraglich, ob das der CDU-Basis reichen wird.
Konflikte könnte es zwischen Grünen und der CDU auch in der Gesellschaftspolitik geben. Der grüne Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand hob bei der Vorstellung des Sondierungspapiers den Willen seiner Partei sowie der künftigen Regierung hervor, der „Vielfalt und Diversität“ in der Gesellschaft künftig gerechter zu werden. Deshalb werde es ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz geben. Hinter der Forderung und Bemerkung verbirgt sich bei Hildenbrand, der dem linken Flügel zugerechnet wird, auch ein Bekenntnis zur so genannten Identitätspolitik, über die auch innerhalb der grünen Bundespartei und Landespartei derzeit heftig debattiert wird.
Ob die zweite grün-schwarze Koalition reibungsloser arbeiten wird als die erste, dürfte auch von der Ressortverteilung abhängen: In der Vergangenheit hatte es auch immer wieder Streit gegeben, weil es zwischen von den Grünen und von der CDU-geführten Ministerien Kompetenzstreitigkeiten gab. Die Grünen diskutieren dem Vernehmen nach, das Landwirtschaftsministerium und vielleicht auch das Kultusministerium mit grünen Ministerin zu besetzen. Interessant dürfte die Frage werden, welche Partei das Finanzministerium besetzen darf, es ist ein Querschnittsministerium und ist für die politische Steuerung neben dem Staatsministerium äußerst relevant.
Hildenbrand und der grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz begründeten auch noch einmal, warum aus ihrer Sicht eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP die schlechtere Lösung gewesen wäre: Die FDP sei nicht bereit gewesen, klare ordnungspolitische Maßnahmen in der Klimaschutzpolitik zu unterstützen; auch habe es Differenzen in der Pandemie-Politik gegeben. Bis zum 8. Mai sollen die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein, für den 12. Mai ist die Wahl des Ministerpräsidenten vorgesehen.
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