#Wieso Lindner am Ehegattensplitting festhält
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Die SPD holt direkt zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause zu einem Doppelschlag aus: Ihr Ko-Vorsitzender Lars Klingbeil schlägt vor, das Steuersplitting für neuen Ehen abzuschaffen, um auf Kürzungen beim Elterngeld verzichten zu können.
Damit treibt er gleich beide Koalitionspartner vor sich her. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen plant die Streichung des Elterngelds für Besserverdiener, um ihren Einzeletat einhalten zu können. Das vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner geführte Finanzministerium lehnt eine solche Steuererhöhung zu Lasten von Familien ab. Die SPD wiederum befürwortet schon lange eine Abkehr von der gemeinschaftlichen Besteuerung von Eheleuten, weil sie befürchtet, dass dies Frauen davon abhält, eine Arbeit aufzunehmen. Die Grünen haben sich ähnlich positioniert.
Ein Abrücken vom Ehegattensplitting dürfte indes in der rot-grün-gelben Koalition kaum durchsetzbar sein, weil die FDP dies kategorisch ablehnt. Daran ändert auch ein Passus im Koalitionsvertrag nichts, den Reformbefürworter gern zitieren: „Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden.“
Eingeführt in den fünfziger Jahren
Lindner leitet daraus allein den Auftrag ab, die Lohnsteuerklassen zu ändern. Bisher können die Eheleute frei wählen, ob sie die Vorteile aus dem doppelten Existenzminimum, langsamen Tarifanstieg und Kinderfreibeträgen allein bei dem besser verdienenden Ehepartner hinterlegen – entsprechend höher wird dann das zweite Einkommen besteuert – oder ob sie den Splittingvorteil nach den Anteilen aufteilen, die beide Partner zum Familieneinkommen besteuern. Das ist das Faktorverfahren. Die Lohnsteuerklassenwahl wirkt sich auf das jeweilige Nettoeinkommen aus, ändert aber nichts am späteren Steuerbescheid.
Das Ehegattensplitting ist in den fünfziger Jahren eingeführt worden, um eine übermäßige Belastung von Ehepaaren zu vermeiden. Dabei wird so getan, als wenn die Gatten gleichermaßen zum Haushaltseinkommen beitragen. Wegen der Progression im Steuertarif werden damit Paare entlastet, die unterschiedlich verdienen. Letztlich sorgt das Splitting dafür, dass die Alleinverdienerehe nicht schlechter gestellt wird als eine Familie mit demselben Einkommen, in der beide Partner halbtags arbeiten.
Der Finanzminister, der das Splitting verteidigt, kann zudem auf das Sozialrecht verweisen. Da die Eheleute zum Unterhalt verpflichtet seien, träten sie gegenüber dem Staat als eine wirtschaftliche Gemeinschaft auf. Dazu passe keine Individualbesteuerung. Klingbeil argumentiert gegenüber dem Redaktions-Netzwerk schlicht, mit der Abschaffung des Ehegattensplittings würde die Koalition „dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“. Und der Staat würde Geld sparen.
Der Präsident des Bunds der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte demgegenüber, er lehne eine Abschaffung des Ehegatten-Splittings ab. „Und täglich grüßt das Murmeltier! Wieder einmal soll das Ehegattensplitting abgeschafft werden, um notwendiges Sparen im Bundeshaushalt zu vermeiden. Mit der Abschaffung würde man ein verfassungsrechtliches Risiko eingehen – und gleichzeitig würde die Entscheidungsfreiheit von vielen Familien eingeschränkt“, äußerte er in der „Rheinischen Post“. Und er betonte weiter: „Vielmehr muss das Ehegattensplitting zu einem Partnerschaftstarif ausgebaut werden. In einer rechtsverbindlichen Partnerschaft übernehmen die Menschen Verantwortung füreinander, Verantwortung für die Kinderbetreuung oder auch Verantwortung für die Pflege von Angehörigen. Dieser Verantwortung muss der Staat Rechnung tragen, dann dadurch wird er auch entlastet. Damit nicht noch mehr Unruhe und Frust bei vielen Familien geschürt wird, muss die Politik diese Debatte schnell beenden.“
Ministerin Paus machte unterdessen deutlich, dass sie bei ihrem Vorschlag zur Kappung der Elterngeldgrenze bleiben werde. Sie habe die Optionen abgewogen und werde den Einzeletat im August mit der neuen Obergrenze von 150.000 Euro in den Bundestag einbringen, sagte sie in der Fernseh-Talkshow „Anne Will“. Im Parlament werde dann beraten. „Ich bin offen für bessere Vorschläge. Aber ich habe mir das angeschaut und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen.“ Kürzungen beim Kinderzuschlag oder beim Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, die theoretisch möglich wären, wolle sie nicht, weil das zulasten von Betroffenen mit wenig Geld ginge.
In der FDP-Bundestagsfraktion, die die Halbierung der Einkommensgrenze für das Elterngeld ablehnt, ist man indes der Meinung, es gebe noch weitere Einsparoptionen. Er sehe bei den Förderprogrammen des Familienministeriums noch gewisse Möglichkeiten, sagte der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel in der Talkshow. Außerdem könne man über eine andere Gestaltung des Elterngeldes nachdenken, indem man die Anforderungen an die partnerschaftliche Aufteilung der Elternmonate für den Elterngeldbezug erhöhe. Dafür wäre auch Klingbeil. Paus gibt zu bedenken, dadurch eröffneten sich keine finanziellen Spielräume, „wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert“.
Zum Streit über die Kindergrundsicherung sagte die Ministerin, uneins sei man sich unter anderem über die Neuberechnung des Existenzminimums für Kinder. „Da werbe ich defintiv für mehr.“
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