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#Die Verbotspartei ist wieder da

Der Blick der Grünen auf die Berliner Ampelkoalition hat sich verändert. Im vergangenen Jahr war die Partei bemüht, sich über Erfolge bei Landtagswahlen und gute Umfragewerte der grünen Minister möglichst diskret zu freuen. Bloß keine Häme angesichts der miserablen Lage der FDP. Auch von einem „sozialdemokratischen Jahrzehnt“, das Olaf Scholz angekündigt hatte, konnte keine Rede sein.

Und nun ärgern sich die Grünen ziemlich offensiv. Nach den mehr als 30 Stunden Verhandlungen über den Klimaschutz sagten führende Grüne, dass weiterverhandelt werden müsse. Die Ergebnisse im Verkehrssektor reichten „nicht annähernd an das Notwendige“ heran, schimpfte Robert Habeck. Doch der Kanzler ließ seinen Wirtschaftsminister abblitzen: Alles sei nun abschließend geklärt.

Drei-Parteien-Regierungen sind selten ein gleichseitiges Dreieck. Oft sind sich zwei Eckpunkte näher. In der Findungsphase der Ampel waren das Grüne und FDP, ein gemeinsames Selfie der Parteispitzen wurde zum Symbolbild des „Projekts Zitrus“. Die beiden Kleinen wollten sich zusammentun, auf dass die für ihren hemdsärmeligen Umgang bekannte SPD sie nicht gegeneinander ausspielen könne.

Einigkeit zwischen SPD und FDP

Das Band zwischen Grün und Gelb war aus Taktik gewebt und aus Übereinstimmungen in der Gesellschaftspolitik. Doch strapazierfähig war es nicht. In der Sozialpolitik schälten sich rot-grüne Allianzen heraus, und schon bald sah die FDP die Notwendigkeit, sich davon abzugrenzen. Ihre große Sorge war, dass die Wähler auch die Liberalen für links halten könnten.

Wenn man vom Atomausstieg absieht, der Rot-Grün in dieser Woche wieder enger zueinanderführen dürfte, sind die Grünen im Klimaschutz der einsame Eckpunkt. SPD und FDP sind sich im Wesentlichen einig. Nicht nur, was Inhalte angeht. Sie verbindet ein skeptischer Blick auf den grünen Eifer. Es ist nicht so, dass sie – wie die Grünen behaupten – die Klimakrise nicht verstanden hätten oder den neuesten Forschungsstand nicht kennten. Der Punkt ist ein anderer: Die Koalitionspartner verdächtigen die Ökopartei, in einen planwirtschaftlichen Dirigismus abzugleiten, um die Welt zu retten. Und sehen es als ihre Aufgabe an, möglichst viel „Verbotspartei“ zu verhindern.

Die Flucht in Verbote

Verbote sind nicht per se ein illegitimes Instrument. Die Rechtsordnung besteht zu einem Gutteil aus Verboten, zum Schutz von Arbeitnehmern zum Beispiel oder zur Gewährleistung fairen Wettbewerbs. Verbote sind Bedingung für Ordnung. In einer freiheitlichen Gesellschaft muss aber jede Einschränkung gerechtfertigt sein, das heißt, es darf kein milderes oder gar besseres Mittel geben, mit dem ein Ziel ebenso gut erreicht wird. Diesen zweiten Teil haben die Grünen nicht verinnerlicht. Sie halten es für klüger, den Bürgern vorzuschreiben, wie sie heizen müssen, anstatt darüber aufzuklären, dass der Betrieb von Öl- und Gasheizungen in zehn Jahren kaum mehr bezahlbar sein dürfte.

Dabei hatten die Grünen Verboten einst abgeschworen. Nach 2013 war das, als sie für den „Veggie Day“ abgestraft worden waren. Hernach lautete die rote Linie: Bloß nicht ins Privatleben der Bürger hineinregieren, den pädagogischen Zeigefinger stecken lassen. Die Politik sollte den Rahmen setzen, aber den Menschen die Entscheidung überlassen, was sie essen und wie sie fahren. Die Grünen waren pragmatisch geworden.

Kompromisse in der Energiepolitik

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat die Partei Kompromisse mitgetragen, die mit der reinen grünen Lehre nichts zu tun haben. Das betraf auch die Energiepolitik. Doch kaum hat die grüne Führung 2023 zum Jahr des Klimaschutzes erklärt, verfällt sie in alte Reflexe – getragen von der Überzeugung, dass die Klimakrise zu dramatisch sei, als dass man bei deren Bewältigung auf Eigenverantwortung setzen könnte. Dabei haben doch die Pandemie und die Energiekrise gezeigt, dass die Gesellschaft zu einem gemeinsamen Kraftakt bereit und in der Lage ist.

Politik muss die Ergebnisse der Klimaforschung ernst nehmen, aber demokratische Aushandlungsprozesse folgen nicht der Logik starrer Zielvorgaben. Über ihren neuen alten Rigorismus haben die Grünen aus dem Blick verloren, dass sie mehr als nur ihre Kernwählerschaft überzeugen müssen, wenn sie Mehrheiten organisieren wollen. Robert Habeck hatte einst von „umarmender Politik“ gesprochen – und mehrfach gezeigt, dass er auch komplexe Zusammenhänge vermitteln kann. Derzeit gelingt ihm das nicht. Selbst überzeugte Ökos verzweifeln, weil ihnen niemand erklären kann, was nun aus ihren Holzpellet-Heizungen wird.

Die Enttäuschung bekommen Grüne in Ländern und Kommunen zu spüren. Es ist keineswegs so, dass eine Mehrheit der Deutschen sich der Wärmewende aus Prinzip verweigerte. Aber sie wollen in diesen Prozess eingebunden werden. Das Gleiche gilt für die Koalitionspartner.

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