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#Deutschlands große Lücke bei den Waffenlieferungen

„Deutschlands große Lücke bei den Waffenlieferungen“

Die Befürworter deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine gehören zwei Lagern an. Christine Lambrecht (SPD) zählt zu den Vorsichtigen, schon ihres Amtes wegen. Denn als Verteidigungsministerin wacht sie über den deutschen Beitrag an der NATO-Ostflanke. Lambrecht sagte vergangene Woche nach einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe, sie sei „an die Grenze“ dessen gegangen, was sie leisten könne, ohne die Bündnisverteidigung zu gefährden. Da hatte sie soeben die jüngste deutsche Zusage verkündet: drei Mehrfachraketenwerfer des Typs MARS II – einer weniger, als Anfang Juni in Regierungskreisen erwogen worden war.

Auf der anderen Seite steht eine breite Front von Politikern aus Union, FDP und Grünen, von Militärfachleuten und dem medial dauerpräsenten ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk. Sie vertritt die Ansicht, was Deutschland liefere, sei zu wenig und komme zu spät, um der Ukraine in ihrem Freiheitskampf gegen Russland zu helfen. Manche von ihnen verweisen auch auf andere Staaten, die es besser machten.

Eine Übersicht über alle Lieferungen gibt es nicht

Die Frage, wie stark Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten die Ukraine militärisch unterstützt, ist nicht einfach zu beantworten. Eine öffentlich einsehbare Tabelle, in der genau verzeichnet ist, was die Staaten liefern, wann und in welcher Stückzahl, gibt es nicht – vielleicht soll es sie auch nicht geben. Stattdessen finden sich im Netz eine ansehnliche Reihe mehr oder minder gut gepflegter Überblickslisten, eine noch größere Zahl Mitteilungen staatlicher Stellen der Unterstützerstaaten mit mal vagen, mal sehr konkreten Angaben und jede Menge Tweets.

Das jüngste Update des „Ukraine Support Trackers“, einer Analyse des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hat nun vor einigen Tagen die bislang wohl brauchbarste Näherung dessen vorgelegt, was 37 Staaten der Ukraine bislang in Aussicht gestellt haben, darunter sämtliche Mitglieder der EU und der G 7. Erfasst werden vom IfW sämtliche Hilfen, die zwischen dem 24. Januar und dem 7. Juni dieses Jahres angekündigt wurden.

Die Waffen- und Ausrüstungslieferungen der wichtigsten Lieferantenstaaten an die Ukraine im Vergleich


Die Waffen- und Ausrüstungslieferungen der wichtigsten Lieferantenstaaten an die Ukraine im Vergleich
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Bild: F.A.Z.

Was Deutschlands militärische Unterstützung für die Ukraine angeht, zeigt die Analyse zweierlei. Gemessen am Wert der Ankündigungen zählt Deutschland zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine. Bei der Militärhilfe, die sowohl Waffen als auch Gelder für Rüstungskäufe umfasst, rangiert Berlin mit Leistungen im Wert von 1,39 Milliarden Euro auf Rang vier, hinter den USA (23,96 Milliarden Euro), dem Vereinigten Königreich (2,38 Milliarden Euro) und Polen (1,7 Milliarden Euro). Kanada folgt mit Abstand auf Rang fünf. Auch wenn nur die zugesagten Waffenlieferungen betrachtet werden, ohne das versprochene Geld für den Kauf von Rüstungsgütern zu berücksichtigen, liegt Deutschland noch auf Rang vier.

Das Bild verändert sich jedoch deutlich, sobald lediglich die erfolgten Waffenlieferungen zusammengerechnet werden. Dann ist Deutschland nur noch Mittelmaß. Gemessen am Volumen der Zusagen hat die Bundesregierung gerade mal 35 Prozent der Waffen geliefert. Laut dem IfW ist das der niedrigste Wert unter den wichtigsten Gebernationen.

Die Ursache für die Lücke sind offenkundig die schweren (und teuren) Waffen, die Deutschland zugesagt hat. Dabei handelt es sich um sieben Panzerhaubitzen 2000, 30 „Gepard“-Flugabwehrpanzer, drei „MARS II“-Raketenwerfer sowie ein Raketenabwehrsystem „Iris-T“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vergangene Woche in einem Interview gesagt, die Systeme würden rechtzeitig eintreffen, um die Ukraine beim Kampf im Donbass zu unterstützen. Bis Anfang Juni war aber noch kein einziges von ihnen dort.

Andere Länder haben höhere Quoten

Die Regierung verweist auf Beschaffungsprobleme bei der Munition, die Ausbildungsdauer und Lieferzeiten der Industrie. Dem mag so sein, aber viele europäische Staaten sind schneller. Polen, das nach den Vereinigten Staaten die meisten Waffen zur Verfügung stellt, hat seine Quote bereits zu hundert Prozent erfüllt. Bei Frankreich, Italien, Kanada und Norwegen sehen die Quoten genauso aus, beim Vereinigten Königreich und den baltischen Staaten liegen sie bei 90 Prozent und mehr.




Politische Sprengkraft bergen die deutschen Waffen eigentlich nicht. Die Bundesregierung liefert nur Systeme, die zuvor schon die Amerikaner in Aussicht gestellt haben. Ein Verweis auf die Komplexität der Waffen hält der näheren Betrachtung auch nicht durchgängig stand. Westliche Artillerie wurde bereits in größerer Stückzahl geliefert, vor allem Haubitzen unterschiedlicher Typen.

Der Rüstungsforscher Pieter Wezeman vom Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitut hält viele Argumente, mit denen die Bundesregierung die schleppenden Lieferungen begründet, denn auch für Schutzbehauptungen. „Es gibt in Deutschland schlicht eine tief verwurzelte Abneigung, Waffen zu liefern“, sagt der Niederländer im Gespräch mit der F.A.Z. Wege, die Ukrainer schneller und mit deutlich mehr schweren Waffen zu unterstützen, ließen sich finden.

Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr, aufgenommen Anfang Juni in Litauen.


Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr, aufgenommen Anfang Juni in Litauen.
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Bild: dpa

Kriegserfahrene Soldaten könnten die Ausbildung abkürzen, sie müssten die Systeme nicht komplett beherrschen. Auch könne Deutschland mit Blick auf die Waffen, über die die Bundeswehr verfüge, noch mehr tun. Das Argument, dass Deutschland keine Panzer abgeben könne, die man für sich selbst brauche, zeige „fehlende Flexibilität“, so Wezeman.

Am Dienstag kam dann Bewegung in die Sache. Die Bundesregierung veröffentlichte eine Liste mit allen militärischen Unterstützungsleistungen, die geliefert wurden und vorbereitet werden. Man folge damit den Verfahren der engsten Verbündeten, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow teilte auf Twitter mit, die zugesagten Panzerhaubitzen 2000 befänden sich nun im Besitz des ukrainischen Militärs.

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