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#Die neue Bundesregierung muss Migration besser steuern

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Die neue Bundesregierung muss Migration besser steuern

Über kein politisches Thema lässt sich in Deutschland so schwer sachlich reden wie über die Migration. Die öffentliche Debatte wird beeinflusst von zwei extremen Positionen: dem Moralismus der Linken, der (verstärkt durch viele Medien) die Meinungsführerschaft erlangt hat, und der Fremdenfeindlichkeit der AfD. Weder das eine noch das andere ermöglicht einen gesellschaftlichen Konsens oder weist einen praktikablen Weg in die Zukunft. Die neue Bundesregierung wird auf diesem Feld nicht weniger gefordert sein als beim Klimaschutz, der derzeit so viel Aufmerksamkeit erhält.

Zu einer ehrlichen Betrachtung gehört die Anerkennung der Realität. Im Jahr 2019 hatten 26 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Ein Land, in dem jeder Vierte Wurzeln im Ausland hat, ist ein Einwanderungsland. Und Deutschland ist es nicht erst seit jüngster Zeit: Die Einwohner mit Migrationshintergrund leben hier im Schnitt seit knapp zwanzig Jahren.

Die Nachfrage der Wirtschaft ist hoch

Die Vorstellung, man könne diese Entwicklung irgendwie zurückdrehen, ist zumindest im demokratischen Rechtsstaat weltfremd, und sie ist auch ahistorisch. Migration gibt es seit der Urzeit, gerade Europa wurde dadurch immer wieder neu besiedelt.

Das heißt nicht, dass Migration sich nicht steuern lässt. Ein Instrument, das Deutschland dafür zur Verfügung steht, ist die Mitgliedschaft im Binnenmarkt der EU. Seine Regeln beschränken den Zuzug weitgehend auf Arbeitskräfte, und er hat den Vorteil, dass sich die Einwanderung an der Nachfrage der Wirtschaft orientiert.

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Die war in der Bundesrepublik schon immer hoch. Bis heute kommen die meisten Einwanderer aus Europa. Im Jahr 2019 waren es 66,4 Prozent; Rumänen, Polen, Bulgaren und Italiener lagen auf den ersten Plätzen.

Die neue Bundesregierung sollte auf dieses Instrument weiter vertrauen. Die Idee, ein Punktesystem zur Gewinnung von Fachkräften einzuführen, ist angesichts des Potentials des Binnenmarktes bürokratisch und überflüssig. Die EU-Länder bieten vergleichbare Standards in Bildung und Beruf sowie eine kulturelle Nähe, welche die Integration erleichtert. Allerdings sollte sich Deutschland in Brüssel dafür einsetzen, das (überschaubare) Problem des sogenannten „Sozialstaatstourismus“ einzudämmen.

Schwieriger wird es beim Reizthema Asyl. Die Bewerberzahlen sind zuletzt wieder stark gesunken. Die abschottenden Maßnahmen, die nicht nur die Europäer, sondern auch wichtige Transitländer wie die Türkei ergriffen haben, machen eine neue Flüchtlingskrise in den Dimensionen von 2015 eher unwahrscheinlich, auch wenn niemand sagen kann, wie sich die Lage in Afghanistan entwickeln wird. Selbst in einem „ruhigen“ Jahr wie 2020 wurden in Deutschland aber noch 122170 Asylanträge gestellt. Das entspricht der Bevölkerung einer Großstadt, ist also keine Größenordnung, die man vernachlässigen kann.

Ein Hauptproblem für ein Land, dessen Herzen weit, dessen Möglichkeiten aber endlich sind, um Joachim Gauck zu zitieren, ist die Sogwirkung eines großzügigen Asylrechts. Man kann das an der Gesamtschutzquote ablesen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge veröffentlicht. Bis August betrug sie im laufenden Jahr 37,8 Prozent. Das heißt, dass fast zwei Drittel der Bewerber keinen Anspruch auf Schutz in Deutschland hatten. Auch wenn ein Teil davon aus formellen Gründen abgelehnt wird, suchen trotz der Kriege und Krisen unserer Zeit also viele Leute um Asyl nach, die keiner politischen Verfolgung unterliegen. Das führt dann zum unwürdigen und oft unlösbaren Problem der Abschiebung.

Die EU-Kommission hat jüngst einen Vorschlag gemacht, wie das zu ändern wäre. Er sieht unter anderem vor, Asylverfahren schon an den Grenzen zu führen und sie stark zu beschleunigen, wenn jemand aus einem sicheren Land kommt. Im Innenrat der EU ist das erst einmal auf Widerstand gestoßen. Die neue Bundesregierung sollte sich trotzdem weiter für diese Idee einsetzen, weil sie für alle, die nicht wirklich verfolgt sind, den Anreiz zur irregulären Auswanderung nach Europa senken würde.

Vor allem sollte Deutschland hier nicht wieder Alleingänge unternehmen. Die Stimmung ist nicht nur in Osteuropa restriktiv, Merkels Politik der offenen Grenzen hätte heute in der EU keine Chance mehr. Es ist ein Fortschritt, dass die deutsche Regierung mittlerweile dafür plädiert, afghanische Flüchtlinge in der Region zu versorgen. Aber auch aus stabileren Entwicklungsländern sollten wir die Tatkräftigen und Gebildeten nicht fortlocken. Sie werden dort gebraucht.

Die Begleiterscheinungen der Migration, von Identitätsfragen über Kriminalität bis zu Terrorismus, spalten viele westliche Länder. Nicht nur die neue Bundesregierung, die gesamte politische Klasse muss stärker darauf achten, dass die Gesellschaft nicht überfordert wird, wie das zeitweise 2015 und 2016 der Fall war. Es darf nicht so weit kommen, dass wir eines Tages zwischen Migration und politischer Stabilität wählen müssen.

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