#Lambrecht sorgt für Unmut
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„Lambrecht sorgt für Unmut“
Im Bundesgesundheitsministerium gab es einen Nussknacker für den neuen Minister Lauterbach. Verkehrsminister Scheuer schenkte seinem Nachfolger Fahrrad und Helm, der neue Wirtschaftsminister Habeck überreichte seinem Vorgänger ein Armband aus Fischernetzen. Überall gab es Blumen, freundliche Worte, beste Wünsche, zuweilen sogar feuchte Augen.
Nur in drei Häusern der Bundesregierung wurde der friedliche Machtübergang nicht im Beisein der scheidenden und neuen Minister zelebriert: Familienministerin Anne Spiegel von den Grünen und der neue Justizminister Marco Buschmann (FDP) traten ihre neuen Ämter an, ohne dass die Vorgängerin dabei war. Wie die F.A.Z. erfuhr, nahm die SPD-Politikerin Christine Lambrecht, die in den vergangenen Monaten beide Ministerien geleitet hatte, an den Feierstunden am Donnerstag nicht teil. Auch im Verteidigungsministerium wurde gegen die Tradition verstoßen: Lambrecht war bei ihrer eigenen Amtseinführung mit militärischen Ehren ebenfalls allein.
Im Familienministerium wurde Lambrechts Abtritt als stillos empfunden. Der Unmut wurde deutlich geäußert. Die Personalratsvorsitzende des Familienministeriums beklagte in Anwesenheit der neuen Ministerin Spiegel die Abwesenheit Lambrechts. Sie mache sich nicht allzu viel aus alten Gepflogenheiten, sagte die Personalratsvorsitzende, fügte aber hinzu: „Es gibt allerdings Traditionen, an denen wir unbedingt festhalten sollten. Dazu gehört zum Beispiel, dass zur Amtsübergabe immer zwei gehören, die neue Ministerin und die scheidende Ministerin.“ Sie bedaure es sehr, „dass Frau Lambrecht den Weg hierher nicht gefunden hat“. Auf Anfrage der F.A.Z. nannte das Ministerium „terminliche Gründe“ für Lambrechts Abwesenheit und verwies darauf, dass sie eine Videobotschaft an die Nachfolgerin und die Belegschaft geschickt habe. Am 30. November habe es ein persönliches Treffen zwischen Spiegel und Lambrecht gegeben, die fachliche Übergabe sei durch die Staatssekretäre erfolgt.
Zahlreiche Beförderungen Vertrauter
In der Feierstunde erinnerte die Personalratsvorsitzende zudem an zahlreiche Beförderungen vertrauter Mitarbeiter, die Lambrecht über das Ministerium durchgesetzt hatte. Sie sei zwar nur kurz da gewesen, „gleichzeitig hat sie es sich nicht nehmen lassen, hier doch herausgehobene Stellen zu besetzen“. Auch im Justizministerium hatte sich Lambrecht den Vorwurf eingehandelt, vertraute Mitarbeiter durch Übernahme in die Beamtenschaft oder Beförderungen zu versorgen. Im Familienministerium, das Lambrecht erst im Mai übernommen hatte, betraf die Beförderung vor allem Mitarbeiter aus dem Justizministerium, die nach sehr kurzer Entsendung und dann Beförderung im Familienministerium wieder zurück ins Justizministerium gegangen waren.
Trotz der Abwesenheit Lambrechts beim Amtsantritt Spiegels vermittelt das Foto, das im Internetauftritt des Ministeriums unter der Überschrift „Amtsübernahme“ präsentiert wurde, den Eindruck einer persönlichen Übergabe. Das Bild zeigt ein gemeinsames Auftreten der beiden Frauen, Lambrecht und Spiegel, das allerdings nicht bei der Amtsübernahme stattfand. Wie das Ministerium auf Anfrage der F.A.Z. mitteilte, war das Bild am Tag zuvor im Reichstagsgebäude entstanden.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legt am 8. Dezember den Amtseid im Bundestag ab.
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Bild: dpa
Ähnlich irreführend ist die Meldung über den Amtswechsel im Justizministerium. Das Haus veröffentlichte auf Twitter ein Bild Lambrechts mit dem neuen Minister Buschmann, dazu ein Zitat der Ministerin: „Ich freue mich, Marco Buschmann das Amt als Bundesjustizminister übergeben zu dürfen.“ Dabei war Lambrecht auch bei Buschmanns Amtsantritt, der per Livestream zu verfolgen war, nicht zugegen. Das Bild wurde, wie an der Kleidung zu sehen war, ebenfalls tags zuvor gemacht. Das Fernbleiben Lambrechts wird im Justizministerium mit der Pandemie erklärt.
Lambrecht geht robust vor
Im Verteidigungsministerium hatte Lambrechts Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) darauf verzichtet, der Zeremonie beizuwohnen. Im Bendlerblock gab es Unmut darüber, dass aus dem Umfeld der neuen Ministerin noch vor ihrer Ernennung langjährigen Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums, darunter Staatssekretär Gerd Hoofe, mitgeteilt worden war, sie hätten bis Donnerstag ihre Büros zu räumen. Ähnlich robust war Lambrecht im Justizministerium vorgegangen, das sie im Juni 2019 in der laufenden Legislaturperiode von ihrer Parteifreundin Katarina Barley übernommen hatte. Einige Mitarbeiter mussten sofort gehen.
Unterdessen sagte Kramp-Karrenbauer, sie sei aus Gründen des Protokolls der Amtsübername ihrer Nachfolgerin Lambrecht ferngeblieben. Sie sei zum Zeitpunkt des Empfangs mit militärischen Ehren „ja schon keine Ministerin mehr gewesen“. Das Protokoll des Verteidigungsministeriums verbot Kramp-Karrenbauer eine Anwesenheit? Diese Behauptung überrascht, denn alleine Fotos aus den vergangenen vierzig Jahren belegen, dass immer wieder scheidende Minister gemeinsam mit ihren Nachfolgern bei der Amtsübernahme die Ehrenformation des Wachbataillons abschreiten.
Kramp-Karrenbauer selbst hatte das ebenso mit ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen gehalten. Die wiederum mit ihrem Vorgänger Thomas de Maizière (alle CDU). Immer derselbe Ablauf, immer die anwesenden Minister. So bleibt das Argument eine unglückliche Einlassung einer insgesamt glücklos scheidenden Ministerin. Kramp-Karrenbauer wird am kommenden Mittwoch aber doch noch einmal an derselben Stelle vor demselben Stabsmusikkorps stehen. Dann nämlich bekommt sie zum Abschied ihren Zapfenstreich im abendlichen Fackelschein, so, wie das Protokoll das vorsieht.
Kramp-Karrenbauer hat sich dazu drei Musikstücke wünschen dürfen, eines davon soll die Filmmelodie zu dem Western „Die glorreichen Sieben“ sein. Das wurde bereits als Anspielung auf ihre engsten Mitarbeiter gedeutet, von denen seit Lambrechts Amtsantritt einige bereits ihre Posten verloren haben oder alsbald verlieren werden.
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