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#Sie sind die Anwälte der Basis

Sie sind die Anwälte der Basis

Norbert Walter-Borjans nahm’s mit Humor, Saskia Esken nahm es ernst. Als im Wahlkampf über ihn und seine Ko-Vorsitzende geschrieben wurde, die beiden würden vor der Öffentlichkeit verborgen, um den Erfolg von Olaf Scholz nicht zu gefährden, benannte der rheinische SPD-Politiker seine Tour durch das Land auf Twitter kurzerhand in „Verstecktour2021“ um und veröffentlichte täglich Bilder davon, wo er sich aktuell aufhielt. Esken ging öfter in Talkshows.

Als der CDU das Lachen noch nicht vergangen war, hieß es dort, man habe einen Privatdetektiv beauftragt, Esken und Walter-Borjans zu finden – um sie zu Aussagen zu Olaf Scholz zu bewegen. Davon konnte man sich Nachteile für die Kampagne des Kanzlerkandidaten versprechen.

Denn Esken hatte nach ihrer Wahl Ende 2019 immer wieder durch ungeschickte Äußerungen Ärger auf sich gezogen: Mal stellte sie die Polizei unter Rassismus-Generalverdacht, mal schämte sie sich öffentlich für die verdiente Sozialdemokratin Gesine Schwan wegen eines – je nach Perspektive – kleinen Fehlers im Gender-Streit.

Ein Misstrauensvotum der SPD-Mitglieder

Politisch ließ die 60 Jahre alte Informatikerin stets erkennen, dass sie für eine Koalition ihrer Partei mit Grünen und Linken zu haben wäre, ein „progressives Bündnis“, wie es in der Partei-Lyrik hieß. Die Wahl der Hinterbänklerin Esken und des Polit-Pensionärs Walter-Borjans war seinerzeit ein Misstrauensvotum der SPD-Mitglieder gegen Scholz, aber auch gegen das Establishment der Partei insgesamt.

Man empfand die Berliner Politik als abgehoben, fern von den Belangen an der Parteibasis. Selbst Andrea Nahles, die doch eigentlich bodennah daherkam, war 2018 schon mit schlechtem Ergebnis gewählt und später runtergemacht worden, weil sie die große Koalition und den Berliner Politikbetrieb repräsentierte, ohne ihn überzeugend erklären zu können.

Die SPD ist stärkste Kraft im neu gewählten Bundestag. Ihr Erfolg ist der von Olaf Scholz. Aber ob eine Koalitionsbildung gelingt, hängt von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit ab.


Die SPD ist stärkste Kraft im neu gewählten Bundestag. Ihr Erfolg ist der von Olaf Scholz. Aber ob eine Koalitionsbildung gelingt, hängt von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit ab.
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Bild: dpa

Getragen von den Jungsozialisten, die Kevin Kühnert anführte, kamen Walter-Borjans und Esken ins Amt. Anders als ihre Vorgänger verzichteten sie auf manche Insignien der Macht. Sie fuhren beispielsweise mit der Bahn zu Terminen und nicht mehr mit dem weinroten Audi A8. Das lag zwar auch daran, dass der SPD das Geld für mehrere dieser Dienstwagen fehlte, wirkte aber trotzdem. Nur Generalsekretär Lars Klingbeil durfte seinen behalten. Es gab auch keine Schar von wichtigtuenden Referenten, die sie bei ihren Auftritten umschwirrten. Auch das kam bei den Mitgliedern gut an.

Nach außen entfalteten beide wenig Wirkung. Innerhalb der Partei wirkten Walter-Borjans und Esken aber befriedend, geradezu heilsam. Auch, weil sie so sind und sich so geben wie viele Genossen. Die Partei dümpelte unterdessen um die 15 Prozent, bei Wahlen teils um zehn. Esken und Walter-Borjans konnten daran nichts ändern. Die Absicht, die große Koalition zu verlassen, war schon bei ihrer Bestätigung bei einem Bundesparteitag gescheitert. Dann kam Corona, und in der SPD war man ebenso froh über eine stabile Regierung mit Angela Merkel und Olaf Scholz wie in weiten Teilen des Landes.

Sie wuchsen zu einem Team heran

In den Koalitionstreffen mit der Union zeigte sich dann rasch, dass nicht einmal Walter-Borjans, der von 2010 bis 2017 Finanzminister von Nordrhein-Westfalen gewesen war, mit dem Tempo des Berliner Regierens mithalten konnte. Ohne Scholz hätten die beiden dort fachlich kaum bestehen können. Man rückte zusammen. Die beiden Parteivorsitzenden, Fraktionschef Rolf Mützenich, Klingbeil und Scholz wuchsen zu einem sehr ungleichen, aber auch ausbalancierten Team heran. Gemeinsam gewannen sie an Stärke.

Scholz hatte die Basis nicht für sich gewinnen können, Esken/Walter-Borjans fehlte das Regierungskönnen, Mützenich tat immer so, als wisse er gar nicht, wie er zu der Ehre komme, Fraktionsvorsitzender zu sein. Klingbeil baute Brücken und versuchte beharrlich, die Lehren aus der verlorenen Wahl 2017 zu verbreiten. Irgendwie funktionierte das. Dazu gehörte auch die frühe Nominierung von Scholz zum Kanzlerkandidaten.

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