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#So schlug sich Aiwanger bei BR24-Wahlsendung



In der Sendung „BR24 Wahl – Die Konfrontation“ trafen die Spitzenkandidaten der Freien Wähler, von AfD, SPD und FDP aufeinander. Was ein Schlagabtausch sein sollte, erinnerte teils an eine Kneipenschlägerei.

Mit martialischen Worten hatte das Bayerische Fernsehen nicht gespart. Seine Wahlsendung an diesem Mittwochabend, live aus Nürnberg zur besten Sendezeit ab 20.15 Uhr, nannte es „BR24 Wahl – Die Konfrontation“. Die Spitzenkandidaten der Freien Wähler, von AfD, SPD und FDP würden an einem „Vierkampf“ teilnehmen, kündigte es an. Der „Schlagabtausch“ habe eine Dauer von 75 Minuten, moderiert von BR-Chefredakteur Christian Nitsche und Ursula Heller. Gewissermaßen als Ringrichter, durfte man sich hinzudenken.

Wie also würden sich Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Martin Böhm (AfD), Florian von Brunn (SPD) – wegen Krankheit zugeschaltet aus München – und Martin Hagen (FDP), nun ja, schlagen? Vor allem: Wie Aiwanger? Denn sicher würde sich die Aufmerksamkeit auf den Freie Wähler-Chef richten, dessen „Flugblatt-Affäre“ um ein antisemitisches Pamphlet nicht nur seinen Wahlkampf überlagert. Man kann wenige Tage vor dem Wahlsonntag am 8. Oktober allerdings feststellen: Es läuft insgesamt ordentlich bis überaus ordentlich für Aiwanger, „Wahlkampf macht Freude“, twitterte er kürzlich. In den Umfragen halten sich seine Freien Wähler (FW) stabil um die 15 Prozent, das Gedränge hinter der deutlich führenden CSU ist freilich groß. Dort findet kein Vierkampf statt, sondern laut jüngsten Insa-Daten ein Dreikampf, dicht an dicht FW, Grüne und AfD, abgeschlagen die FDP mit vier Prozent.

Es heiße „jeder gegen jeden“, erklärt Moderatorin Ursula Heller. „Und auf geht’s, Schlagabtausch!“

Nun aber: Ring frei – zu sechs Themen, bei jedem ein „Duell“. Es heiße „jeder gegen jeden“, sagt Heller, und greift in die „Losschüssel“. „Und auf geht’s, Schlagabtausch!“

Das erste Duell ist Florian von Brunn gegen Martin Hagen, SPD gegen FDP, insgesamt 2.30 Minuten für beide, Thema „Migration“. Reden tun eher die anderen, was schon früh am Konzept der Sendung zweifeln lässt. Weiter geht es mit der Lage der Wirtschaft, nun spielt Christian Nitsche die Los-Fee: Böhm gegen Hagen, AfD gegen FDP. Wieder interessanter: die Redebeiträge der anderen. Von Brunn, einer der schärfsten Aiwanger-Kritiker, sagt in Richtung Aiwanger, des bayerischen Wirtschaftsministers: „Herr Aiwanger ist ein Standortrisiko für Bayern.“ Er habe keine Ideen und tue „nichts wirklich Entscheidendes für die Transformation der Automobilindustrie“. Was FDP-Spitzenkandidat Hagen genauso sieht. Aiwanger gibt zurück, dass man stark investiert habe und es ein Fehler sei, im Jahr 2035 den Verbrennungsmotor verbieten zu wollen, die SPD sei „unser Problem in Berlin“.

Als von Brunn fragt „Darf ich noch was sagen?“, brummelt Aiwanger: „Es reicht, was g’sagt hast.“ Unterstützung bekommt er von AfD-Mann Böhm. Aiwanger sei als Wirtschaftsminister kaum schuld und könne „nix dran ändern“, die Schuld an den Wirtschaftsproblemen trage die „desaströse Politik der Ampelabrisstruppe in Berlin“. Eine Szene, die sich mehrfach wiederholt. Aiwanger kann das nicht recht sein, Nitsche spricht ihn darauf an. Er antwortet: „Ich schaue hier nicht, von wem Argumente kommen oder Lob oder Tadel. Es wird ja politisch alles mittlerweile überbewertet. Ich vertrete meine Position und wer das gut findet, ist meiner Meinung, und wer nicht eben nicht.“

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Es ist ein wildes Durcheinander: stellenweise eher Kneipenschlägerei denn Schlagabtausch

Gegen Ende der Sendung erwähnt Aiwanger den Unvereinbarkeitsbeschluss der Freien Wähler hinsichtlich der AfD. „Wir würden mit einer AfD nicht regieren und nehmen auch keine Mitglieder auf.“ Es folgt ein Aber: Die Demokratie werde derzeit nicht gelebt. Aiwanger selbst kommt auf Erding und die Kundgebung gegen das „Heizungs-Gesetz“ zu sprechen. Für seine Aussage „Die schweigende große Mehrheit dieses Landes“ müsse „sich die Demokratie wieder zurückholen“, war er viel kritisiert worden. Nun sagt er, auch mit Blick auf die Zuwanderungspolitik, die Bundesregierung aus den Ampelparteien habe „systematisch gegen die Mehrheit der Bevölkerung regiert“ und habe so eine Spaltung herbeigeführt. Demokratie heiße doch, nicht gegen den mehrheitlichen Bürgerwillen zu regieren. Von Brunn reagiert erbost.

Moderierten am Mittwochabend den „Schlagabtausch“: Christian Nitsche und Ursula Heller.

Foto: Philipp Kimmelzwinger, BR (Archivbild)

Es ist ein wildes Durcheinander, um im Bild zu bleiben: stellenweise eher Kneipenschlägerei denn Schlagabtausch. Wählerinnen und Wähler können sich ein Bild von den Spitzenkandidaten machen. Wenn sie es können. 30 Minuten nach Sendungsbeginn könnte „BR24 Wahl – Die Konfrontation“ jedenfalls auch „Fast alle gegen Aiwanger“ heißen. Die weiteren Themen: Klimaschutz, Bildung, Verkehrspolitik und „gleichwertige Lebensbedingungen in Bayern“.

Martin Hagen (FDP) will als „Stimme der Vernunft“ wahrgenommen werden. Florian von Brunn (SPD) arbeitet eindrücklich an seiner Positionierung als Aiwanger-Kritiker Nummer eins und sich an Aiwanger ab. Martin Böhm (AfD), den sowohl Heller als auch Nitsche gelegentlich „von Böhm“ nennen, ruft dazu auf, die „Brandmauer“ einzureißen. Und zwar jene, die die anderen Parteien um die AfD als „bürgerlichste aller Parteien“ hochgezogen hätten. Hubert Aiwanger (Freie Wähler) will „Dienstleister der Bürger“ sein – und weiterregieren.

Die Sendung hätte auch „Fast alle gegen Aiwanger“ heißen können

Es gab Auftritte, da hatte es Aiwanger wesentlich leichter. Am 20. September zum Beispiel in der Sendung „BR24 Wahlarena“, als er sich live den Fragen eines Schwandorfer Studiopublikums stellte. In der Oberpfalz durfte dem Landtagswahlkämpfer in jenen 30 Minuten das Landtagswahlkämpfer-Herz aufgehen. So prächtig gefiel es Aiwanger, dass er sagte: „Mach mer noch a halbe Stund.“ Was ihm am Mittwochabend nicht über die Lippen kommt.

Überhaupt erst in der drittletzten Frage war in Schwandorf die „Flugblatt-Affäre“ angesprochen worden. Jetzt, dachte man als interessierter, fernsehender Politik-Beobachter wird’s endlich spannend. Wurde es auch, bloß anders als gedacht.

Ein älterer Mann im Studiopublikum, der sich für „die Koalition nach der Wahl“ interessierte, hob an: „Nach den letzten unappetitlichen Hetzjagden gegen Sie persönlich möchte ich Sie fragen, erwarten Sie jetzt irgendwelche Schwierigkeiten mit dem…“ – und Aiwanger ergänzte die Frage mit dem Wort „Koalitionspartner“. Der Studiogast jedoch lobhudelte weiter: Das sei eine „ganz a üble Kante“ gewesen, die da passiert sei, das gehöre sich nicht, „Sie sind ein anständiger, korrekter Bürger“. Aiwanger habe doch auch eine Seele und wolle nicht behandelt werden „wie der letzte Dreck“. Wen genau er damit meinte, blieb offen.

In der Politik sei nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen antwortete der Freie-Wähler-Chef und bekräftigte, die CSU sei der richtige Koalitionspartner, „wo man möglichst fair, möglichst auf Augenhöhe vernünftig weiteregiert“. Danach lächelte Aiwanger irgendwie befreit. Angesichts der Debatte nach der Fernsehfragerunde dürfte ihm das Lächeln dann vergangen sein.

Aiwanger über das Klimaschutzziel Bayerns: „Wir springen nicht aus dem Fenster deshalb“

Es war seine Antwort auf die einzige kritische Frage des Abends, die für Gesprächsstoff sorgte: die zum Thema Klimaschutz. Ziel Bayerns sei es, bis 2040 klimaneutral zu sein, hatte sie Aiwanger eingeleitet. Um fortzufahren: „Wir setzen uns eben dieses Ziel. Ob wir’s erreichen, wissen wir nicht.“ Das sprach mit Aiwanger immerhin Bayerns Wirtschaftsminister, betonten seine Kritiker – und betonten zudem, dass mit den Stimmen seiner Partei das bayerische Klimaschutzgesetz beschlossen worden war. Samt der darin verankerten Zielsetzung, 2040 klimaneutral zu werden. Das sei genau so, war Aiwanger in der Sendung fortgefahren, wie wenn er sage: „Ich will nächstes Jahr Tabellenführer im Fußball werden.“ Man strebe das an. Aber man sei ja keine Diktatur.

Am Mittwochabend spricht ihn Moderator Nitsche darauf an. Auch weil CSU-Chef und -Ministerpräsident Markus Söder sich klar zum Klimaschutz bekannt habe. Aiwanger sagt, man versuche schneller als andere zu sein, „aber wir springen nicht aus dem Fenster deshalb“. Gehe Klimaschutz zulasten des Wohlstands, werde man eben sagen müssen: „Wir schaffen es eventuell nicht.“

Nach der Sendung „BR24 Wahl – Die Konfrontation“ (der „Vierkampf“, der „Schlagabtausch“) an diesem Mittwochabend ist immerhin dies geklärt: Hubert Aiwanger ist gegen eine 0,0-Promille-Grenze am Steuer und trinkt, wie er sagt, keinen Alkohol. Und Martin Hagen und Florian von Brunn („ist aber lange her“) haben schon einmal gekifft. Am Ende hat Aiwanger die meiste Redezeit. Und die Sendung endet knapp zehn Minuten später als geplant. Die „Flugblatt-Affäre“ wird mit keinem Wort erwähnt.

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