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#Wird den Grünen ihr Machtwille zum Verhängnis?

Wird den Grünen ihr Machtwille zum Verhängnis?

Wenn der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck die CDU anschaut, muss er offenbar an Jim Knopf denken. Als der in dem Kinderbuch mit seiner Lokomotive herumfährt, sieht er am Horizont auf einmal einen furchterregenden Riesen stehen. Er ängstigt sich, aber zu Unrecht. Je näher er dem Riesen kommt, umso kleiner wird der, bis er sich als normalgroßer, freundlicher Opa namens Herr Tur Tur entpuppt.

Für Habeck ist auch die CDU ein Scheinriese, er nannte sie kürzlich einen „Herrn Tur Tur“, womit er meinte, dass die Zustimmung für die Bundeskanzlerin und der Höhenflug nach der Corona-Krise enden. Seine eigene Partei hingegen sieht Habeck gut aufgestellt, um die Mitte der Gesellschaft zu erreichen und damit das bürgerliche Machtzentrum.

Die Grünen bestachen durch Disziplin

Tatsächlich sind die Grünen in den vergangenen Jahren ein Ruhepol gewesen. Während die Union über ihr Personal stritt, die SPD in der Regierungsverantwortung verhungerte und die FDP sich das Regieren nur vielleicht zutraute (von Linkspartei und AfD ganz zu schweigen), waren die Grünen konzentriert und größtenteils geeint. Ausgerechnet die frühere Chaospartei bestach durch Disziplin.

Auf dem Papier haben die Grünen sich auch verändert. In ihren Anfangsjahren glaubten sie noch an eine Diktatur der Energiekonzerne, heute fordert Habeck ein Endlager für Atommüll. Die Grünen wollen hart gegen Dschihadisten vorgehen. Auf ihrem Parteitag sprechen sie über ein Grundsatzprogramm, dessen Entwurf sich gegen „starre Dogmen“ wendete und sogar eine adäquate Ausstattung der Bundeswehr forderte. Die Grünen stehen in den Umfragen seit Ende 2018 vor der SPD. Manche sehen in Habeck oder seiner Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock schon mögliche Kanzler.

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Ob das alles aufgeht? Habecks Lummerland-Metapher passt auch gut zu seiner eigenen Partei. Bisher waren es die Grünen, die in Umfragen ein Scheinriese waren und kleiner wurden, je näher der Wahltag rückte. Derzeit trägt sie der klimapolitische Zeitgeist, von dem unklar ist, wie belastbar er wirklich ist. Welche Einschnitte wird die bürgerliche Mitte akzeptieren, um die Welt zu retten?

Die Macht der Pragmatiker ist geliehen

Den Grünen könnte auch ihr Machtwille zum Verhängnis werden. Er hält seit den Jamaika-Verhandlungen von 2017 an. Urgrüne wie Jürgen Trittin glauben, dass es dieser Machtwille ist, der die Partei eint. Regieren sie, entfällt er. Das war beim letzten Mal auch so. In Oppositionszeiten flogen keine Farbbeutel auf Joschka Fischer, aber ein halbes Jahr nach seiner Vereidigung als Außenminister.

Ein anderes Problem der Grünen ist ihr Spagat. Während Habeck in den Talkshows die bürgerlichsten Dinge sagt, hängt ein Teil der Parteibasis im Dannenröder Forst in den Bäumen. Dort, im Wald, hätten die Grünen ihren Pragmatismus beweisen können. Die Abholzung ist letztinstanzlich entschieden. Eine grüne Landesregierung hatte sie akzeptiert. Einige Tweets von Fridays for Future reichten aber, schon standen Grünen-Politiker im Wald und machten Selfies.

Die Grünen-Politikerin Barbara Schlemmer im Dannenröder Forst erklärt bei einem Waldspaziergang ihre Position.


Die Grünen-Politikerin Barbara Schlemmer im Dannenröder Forst erklärt bei einem Waldspaziergang ihre Position.
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Bild: Maximilian von Lachner

Die Macht der Pragmatiker ist geliehen. Auch was Vertreter der Parteijugend alles unter Rassismus und Sexismus verstehen, könnte den Grünen noch den einen oder anderen Veggie Day bescheren, wie damals, als 2013 der Eindruck aufkam, die Grünen wollten den Deutschen das Fleisch wegnehmen. Die Parteijugend ist nicht Realo. Sie sieht nur bürgerlicher aus als die Grünen der achtziger Jahre.

Einem märchenhaften Aufstieg der Partei steht also manches entgegen. Neben dem Lummerland gibt es bei Jim Knopf auch das Kummerland. Da leben die Drachen.

Justus Bender

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