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#Streit um Bürgergeld: Wie die CSU „Totalverweigerer“ schärfer sanktionieren will

Die CSU im Bundestag will Arbeitsverweigerern das Bürgergeld notfalls unbefristet streichen. Der linke politische Flügel will indes neue Sanktionen verhindern.

Die CSU im Bundestag heizt die Debatte über das Bürgergeld mit Forderungen nach unbefristetem Entzug von Regelleistungen für sogenannte Totalverweigerer an. „Es muss so lange Leistungsstreichungen geben, wie ein Bürgergeldempfänger sich weigert, zumutbare Arbeit anzunehmen“, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag, die vom 6. bis 8. Januar im oberbayerischen Kloster Seeon stattfindet.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte vergangene Woche einen Referentenentwurf vorgelegt, der als Ultima Ratio vorsieht, Bürgergeldempfängern die Regelleistung für zwei Monate zu streichen, wenn sie zumutbare Arbeit beharrlich verweigern. Kritik daran gibt es nicht nur bei den Grünen und von Gewerkschaftern, sondern zum Teil auch aus der SPD. Den Abgeordneten um CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geht Heils Plan indes nicht weit genug. „Eine Maximaldauer für Leistungsstreichungen lehnen wir ab“, wird in dem Pa­pier hervorgehoben, welches der F.A.Z. vorliegt.

Zurück zum Prinzip Fördern und Fordern

Notwendig sei eine „Totalrevision des Bürgergeldes“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Stracke, der F.A.Z am Montag. Die Arbeitsmarktpolitik müsse wieder stärker am Prinzip Fördern und Fordern ausgerichtet werden. Die Bundestags-CSU fordert laut Beschlussvorlage außerdem die Abschaffung der täglichen gesetzlichen Höchstarbeitszeit. Stattdessen soll es eine Höchstarbeitszeit pro Woche geben.

Ferner sollen nach den Vorstellungen der Christsozialen Überstunden von der Einkommensteuer befreit werden, damit sich Mehrarbeit stärker lohne. Überstunden gehörten „ins Portemonnaie und nicht in den Steuerbescheid“. Wer arbeite, müsse deutlich mehr haben als jemand, der nicht arbeite. Die zunehmende Erosion des Lohnabstandsgebots berühre eine „fundamentale gesellschaftliche Gerechtigkeitsfrage“, heißt es in dem Entwurf für die Klausurtagung.

Zuvor hatte schon der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die geplanten Sanktionsverschärfungen als unzureichend kritisiert. Heil zünde eine „Nebelkerze“, schrieb Aiwanger auf der Plattform X (vormals Twitter). Bis zu 2 Monate heiße in der Praxis „wahrscheinlich 2 Wochen, sofern es die Verwaltung überhaupt schafft“.

Verfassungsrechtlich problematisch

Eine unbegrenzte Kürzung, wie sie die CSU fordert, könnte jedoch verfassungsrechtlich problematisch sein. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar 2019 anerkannt, dass ein vollständiger Entzug der Regelleistungen gerechtfertigt sein könne, es hat dafür aber strenge Bedingungen aufgestellt. Eine starre Sanktionsdauer von drei Monaten sei unverhältnismäßig, entschied das Gericht.

Das Bundesarbeitsministerium hat seine Pläne für die zeitweise Streichung des Bürgergeldes zum Teil wörtlich an den Vorgaben des Urteils von 2019 ausgerichtet. Um einen Konflikt mit Karlsruhe zu vermeiden, soll auch nicht bei den Kosten für Unterkunft und Heizung gekürzt werden. Trotzdem lehnen Kritiker von Heils Plänen die Sanktionen gerade auch wegen der Karlsruher Rechtsprechung ab.

Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, sagte der F.A.Z: „Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht eine Kürzung der Grundsicherung von bis zu 30 Prozent nur unter engen Voraussetzungen für zulässig erklärt. Die sozialstaatlich geschützte absolute Untergrenze müsse immer gesichert sein. Statt auf existenzbedrohende Sanktionen sollte die Bundesregierung auf positive Anreize setzen, forderte Piel. Auch dürften Sanktionen keinesfalls den Druck zur Aufnahme von prekärer Beschäftigung weiter erhöhen.

Grundsätzlich zustimmend zu Heils Vorschlägen äußerte sich der Ökonomieprofessor Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit. Stärkere Leistungsminderungen bei zweimaliger Ablehnung eines Jobangebots begrüße er, „solange die Kosten der Unterkunft nicht angetastet werden“, sagte Fitzenberger der F.A.Z. Wichtig sei allerdings, dass vorab kons­truktiv eine Strategie erarbeitet werde, die Hilfebedürftigkeit durch Beschäftigungsaufnahme zu überwinden. Werde sanktioniert, sei „das „Kind schon in den Brunnen gefallen“ und nicht davon auszugehen, dass die meisten Bürgergeldempfänger dann schnell einen passenden stabilen Job aufnehmen.

Politische Rückendeckung bekommt Heil vom Koalitionspartner FDP. „Wer zumutbare Arbeit ablehnt, kann nicht erwarten, dass andere, die jeden Morgen arbeiten, dauerhaft für ihn aufkommen“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Heil kürze an der richtigen Stelle. In der SPD sind die Meinungen geteilt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des konservativen „Seeheimer Kreises“ in der SPD, Dirk Wiese, sprach von einem „Signal des Respekts“ gegenüber denjenigen, die jeden Tag hart arbeiten und trotzdem mit wenig Geld auskommen. Die SPD-Jugendorganisation hingegen kritisierte, ebenso wie die Grüne Jugend, Heils Pläne seien nicht mit der Menschenwürde vereinbar.

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