Nachrichten

#Karlsruhe verhandelt über AfD: Durfte Stephan Brandner abgewählt werden?

Der AfD-Politiker wurde als erster Ausschussvorsitzender der Bundestagsgeschichte abberufen. Er sagt, das sei nicht demokratisch. Ob seine Abwahl erlaubt war, entscheiden nun die Richter in Karlsruhe.

Wenn der AfD ein Posten versagt bleibt, zieht sie für gewöhnlich vor Gericht. Schon mehrmals hat die Partei auf diesem Weg versucht, zu dem zu kommen, was sie als ihr Recht ausmacht. Mal ging es um das Präsidium des Bundestages, mal um das Gremium, das die Arbeit des bayerischen Verfassungsschutzes kontrolliert. Bislang erlebte sie in all diesen Fällen Niederlagen, auch vor dem Verfassungsgericht. Mündlich verhandelt worden waren die einschlägigen Fragen dort aber noch nicht. Am Dienstag gab es hierzu Gelegenheit, als es um eine Klage der AfD gegen die Abberufung Stephan Brandners vom Vorsitz des Rechtsausschusses ging – gegen die erste Abwahl in der Geschichte des Bundestags.

Die AfD-Fraktion klagt außerdem dagegen, dass ihre Kandidaten in der laufenden Wahlperiode gar nicht erst Vorsitzende der Ausschüsse für Inneres und Heimat, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie des Gesundheitsausschusses wurden. Sie sieht sich unter anderem in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

Die Karlsruher Verhandlung bot den Richtern Anlass, „sich erstmals mit den Fragen der Wahl und Abwahl von Ausschussvorsitzenden auseinanderzusetzen“, wie Doris König zu Beginn sagte. Sie ist Vizepräsidentin des Gerichts und Vorsitzende des Zweiten Senats. Für die AfD ging es gar um die „Legitimation von Staatsgewalt“ durch „die Wahl des Volkes hin zum Bundestag“, wie deren Prozessvertreter Michael Elicker sagte. Die komme auch auf der Arbeitsebene des Parlaments zum Ausdruck, also in den Ausschüssen.

Die AfD sollte sich nicht zum Opfer erklären können

Dort werden die Entscheidungen des Parlaments vorbereitet. Ausschüsse leisteten die „grundlegende Sacharbeit“, sagte König. Man könne auch vom „Kern des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens“ sprechen. Die Besetzung der Ausschüsse soll die Mehrheitsverhältnisse deshalb widerspiegeln. Den Ausschussvorsitzenden obliegt es wiederum, unparteiisch für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzungen zu sorgen. Sie bereiten die Sitzungen vor, laden dazu ein, leiten die Geschäfte. Auch ihre Benennung richtet sich nach den Mehrheitsverhältnissen, normiert ist hierzu allerdings kaum etwas.

Laut Geschäftsordnung des Bundestages „bestimmen“ die Ausschüsse ihre Vorsitzenden. Traditionell steht der Vorsitz im Haushaltsausschuss der größten Oppositionsfraktion zu. Danach geht es entsprechend den Fraktionsstärken reihum. Ganz überwiegend fanden jahrzehntelang nicht einmal Wahlen statt, die Kandidaten wurden im Ausschuss per „Akklamation“ bestimmt, auf Zuruf. Anderes galt schon immer, wenn Ausschussmitglieder Widersprüche erhoben; dann sollten sie wählen dürfen. Relevanz hatte diese Gepflogenheit aber kaum.

Seinen Ursprung hat das „Zugreifverfahren“, das schon 1912 praktiziert wurde, in der damaligen Zersplitterung eines Vielparteiensystems. Entsprechend den Fraktionsstärken sollte jede Partei berücksichtigt werden. Während Ausschussvorsitzende etwa in Großbritannien und Frankreich von der Mehrheit gestellt werden, wollte man in Deutschland vermeiden, dass die Regierungsmehrheit in allen Ausschüssen die organisatorische Kon­trolle hat. So habe sich ein „feingewebtes System gegenseitiger Kontrolle und organisatorischer Machthemmnis“ entwickelt, schrieb Heinz-Willi Heynckes 2019 in der „Zeitschrift für Parlamentsfragen“.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!